Neuss: Der Mann der Finanzen geht

Günter Hall hat in fast 40 Jahren in der Kämmerei zahlreiche Projekte umgesetzt.

Neuss. Er hat diverse Bürgermeister erlebt, mit acht Kämmerern (darunter tatsächlich einer Frau) höchst unterschiedlicher Prägung zusammengearbeitet, er hat Ausgliederung aus der Verwaltung betreut, Diskussionen um das Zinsmanagement durchgestanden und die Umstellung des Haushalts auf kaufmännische Rechnungsführung verantwortet. Jetzt geht Günter Hall in den (etwas vorzeitigen) Ruhestand.

Für den 63-Jährigen ist die Kämmerei seit 1970 sein Arbeitsplatz. Viele Geschichten hat Günter Hall zu erzählen, so manches verschweigt er, etwa über die Eigenarten einiger der Kämmerer. Deutlich aber wird: Es hat ihm Spaß gemacht in diesem Amt mit der altertümlichen Bezeichnung, das gerade in den letzten Jahren eine enorme Wandlung hinter sich hat.

Aus den Amtsstuben, in denen haushaltstechnisch nach altem System im Jahresrhythmus fein säuerlich in Vermögens- und Verwaltungshaushalt getrennt wurde, Abschreibungen ein Fremdwort waren und Pensionsrückstellungen ein nicht existent, ist eine effiziente Schaltzentrale geworden, in der immer mehr zusammenlief.

Für Hall machte den Reiz seiner Verwaltungsarbeit aus, dass er stets Projekte umzusetzen hatte. Schon 1975, im Zuge der kommunalen Neugliederung, managte er die Zusammenführung der Haushalte von Neuss, Norf, Holzheim, Rosellen. "Ohne Excel", wie er betont.

In fast 40 Jahren wurde unter Federführung von Günter Hall das Lukaskrankenhaus zur GmbH umgewandelt, sind die Liegendschaften ein Eigenbetrieb wie Stadtentwässerung, Gebäudemanagement und Friedhöfe, die AWL ist entstanden, die Bäder gingen an die Stadtwerke über. Hochkomplexe Finanztransaktionen, von denen Hall auch jetzt noch mit spürbarem Spaß berichtet.

"Ich hatte immer hochqualifizierte Mitarbeiter. Die haben es mit leicht gemacht, und ich kannrgut delegieren", sagt Hall im Rückblick. Dennoch klingt Stolz durch, wenn es zum Beispiel anmerkt, es habe keine Gebührenerhöhung gegeben, seit er Chef der Stadtentwässerung geworden sei...

Natürlich lief nicht immer alles glatt. Schwer sei es während der harten Phase derh Haushaltskonsolidierung ge esen, als nach den Jahren des Aufschwungs nach der Wiedervereinigung der jähe Absturz auch Neuss erreichte. Der Haushalt wurde wieder ausgeglichen; "und seitdem schüttet der Bauverein Dividende aus".

An die Diskussionen um die schwarzen Kassen im Zuge der Grundstücksgeschäfte denkt Hall nicht so gern zurück, und auch die Entwicklung der Zinsmanagement-Geschäfte und die Auseinandersetzung darüber waren nicht eben steter Quell der Freude. Dennoch: Er schließt sozusagen mit eindeutig positiver Bilanz. "Seine" Projekte hat er beendet, die Kämmerei ist nun wieder "kleiner" geworden. Da wandern die Gedanken zum Rudern - schließlich war Hall zweimal Weltmeister in seiner Altersklasse und nimmt das Treiben auf dem Wasser auch heute noch höchst sportlich.

Erstaunlich übrigens: Günther Hall ist kein Schütze. "Ich bin Neusser", sagt er. Und ein wenig ironisch: "Zu meinem größten Bedauern kennen ich keinen Zug, der bereit ist, mich aufzunehmen."

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