Ort der Begegnung in Neuss Von der Romantik des Waschsalons

Nordstadt.  · In Hollywood-Filmen beginnen dort die ganz großen Liebesgeschichten. Ist das auch im letzten Waschsalon von Neuss so?

 Das Kissen von Hündin Matti ist für die eigene Waschmaschine zu groß.

Das Kissen von Hündin Matti ist für die eigene Waschmaschine zu groß.

Foto: Marie Ludwig

Sie kommen mit großen Körben, Taschen und Säcken. Auf Reisen sind sie nicht – wer verreist schon mit einem Haufen dreckiger Wäsche? Sie sind auf dem Weg zum „Eco Express Waschsalon“ an der Further Straße. Hinter großen Glasfronten stehen die Waschmaschinen in Reih’ und Glied, 25 an der Zahl, rotieren behäbig, schleudern im Turbogang.

„Lehnen Sie sich zurück“, steht auf ein paar weißen Klappstühlen. Setzen will sich Muhammad Butt allerdings nicht. Er ist nur kurz im Waschsalon, hat sich das Waschen mit einem Verwandten aufgeteilt. Dieser hat die großen Decken in die Maschine gefüllt. Butt übernimmt das Trocknen. Im rollbaren Wäschekörben schiebt er die nassen Decken über den gekachelten Boden. Es riecht nach Waschmittel und Weichspüler – Blütentraum, ein Hauch Pfirsich-Frische. Rein damit, Tür zu, bezahlen, Trocknernummer eingeben, Temperatur auswählen, Start. „Gerade für die größeren Dinge, ist ein Waschsalon schon sehr praktisch – das nutze ich öfter“, sagt der Selbstständige.

„Viele Nutzer kommen
aus umliegenden Örtchen“

Praktisch findet es auch Wolfgang Kurth. Der Kaarster Ingenieur ist allerdings heute zum ersten Mal in einem Waschsalon. Das Kissen für seine Hündin Matti ist für die heimische Waschmaschine zu groß. Und die Reinigung, die dafür bisher immer 35 Euro verlangte hatte, wollte es nicht mehr annehmen. Dabei ist es noch nicht einmal richtig verdreckt. Kurth deckt es immer mit einem Badehandtuch ab. Matti soll es gut haben.

Für sie steht Kurth nun also im Waschsalon. Dort sind jedoch die beiden Großwaschmaschinen besetzt, denn Muhammad Butts Decken sind noch nicht fertig. Bezahlt hat Kurth die Wäsche allerdings schon – als er aber waschen konnte, war zu viel Zeit vergangen. „War aber nicht schlimm. Ich habe ganz einfach mit einer Servicekraft telefonieren können und diese hat die Maschine wieder freigeschaltet“, sagt Kurth.

Betrieben wird der Selbstbedienungs-Salon von der Firma „Delta Wasch GmbH & Co. KG“, die deutschlandweit 20 Waschsalons besitzt. „Gerade in Neuss kommen viele aus den umliegenden Örtchen vorbei“, sagt Matthias Schäfer vom Unternehmen. Viele würden den Salon auch mangels Platz in der eigenen Wohnung nutzen. „Wieder andere ziehen so oft um, dass sich eine Anschaffung gar nicht erst lohnt.“

Als nächstes kommt Sonja Ellmer mit zwei großen Säcken bepackt in den Salon und wuchtet die blauen Tüten auf die Maschinenablage. Die Bürokauffrau wäscht regelmäßig ihre Plümmos, hier passen sie in die Maschine. „Ich komme eigentlich immer mit Leuten ins Gespräch“, sagt sie. Heute am Automaten. „Mist, nur ein Zwanziger“, sagt sie und dreht sich um. Ein Glück, das Wolfgang Kurth wechseln kann. „Sie sind ein Schatz“, sagt Ellmer.

Und auch, wenn es nur flüchtige Begegnungen sind: Der Salon ist nicht nur in Geschichten ein Ort der Begegnung – heute zwischen einem Selbstständigem, einem Ingenieur und einer Bürokauffrau.

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