Neuss: Den Einzelhandel steuern

Gutachterbüro präsentiert Entwurf mit umfassender Bestandsaufnahme.

Neuss. Die Stadt ist auf dem Weg zu ihrem ersten Einzelhandelskonzept. Der mehr als 200 Seiten starke Entwurf des von der Verwaltung beauftragten Büros Paul Jansen aus Köln wird in den Fach- und Bezirksausschüssen beraten.

In einem komplizierten Geflecht aus Planungsrecht und gesetzlichen Vorgaben des Landes vom Landesentwicklungsprogramm bis zum Einzelhandelserlass gibt das Konzept für die Stadt einen Leitfaden künftiger Entwicklung. Die beiden Kernpunkte: Es werden Haupt-, Neben- und Nahversorgungszentren exakt definiert und außerdem werden die relevanten Sortimente festgelegt (s. Kasten).

Ein solches Konzept soll Verwaltung wie Politik mehr Steuerungsmöglichkeiten einräumen, aber auch mehr Transparenz herstellen. Ein Ziel ist es, Wildwuchs zu verhindern, etwa die Ansiedlung von Discountern auf der berühmten "grünen Wiese" und so die Schwächung von Stadtteilen abzuwenden.

Der Entwurf des Gutachtens beinhaltet eine umfassende Bestandsaufnahme des Einzelhandels in Neuss mit mehr als 2000 Betrieben. Stärken und Schwächen gerade in den Stadtteilzentren werden aufgezeigt. Zum Beispiel für Gnadental: Einem vielfältiger Branchenmix steht demnach ein zu kleiner Lebensmittelmarkt gegenüber, gute verkehrliche Erreichbarkeit kontrastiert mit geringer Aufenthaltsqualität wegen fehlender Möblierung und Gestaltung.

Oder Weckhoven. Positiv: kompakte Ladenzeile, gute Erreichbarkeit, ansprechendes Erscheinungsbild und Wochenmarkt, aber zu kleine Ladeneinheiten, zu geringe Lebensmittelverkaufsflächen, Leerstände und uneinheitliche Öffnungszeiten.

Die größte Bedeutung aller Sortimente haben Nahrungs- und Genussmittel, mit denen fast ein Viertel der gesamten Verkaufsfläche im Stadtgebiet belegt sind. 17 Prozent entfallen auf Bekleidung und Textilien. Aufgeteilt sind Flächen, Umsatz und Kaufkraftbindung in kurz- mittel- und langfristigen Bedarf. Angelika Sobotta vom Gutachterbüro erläuterte es den Politikern: Im kurzfristigen Bedarf, der die Hälfte des gesamten Umsatzes ausmacht, ist die Kaufkraft der Neusser zu 100 Prozent ausgeschöpft.

In den Segmenten des mittelfristigen Bedarfs, dazu zählen etwa Bekleidung, Hausrat, Freizeit- oder Heimwerkerartikel, gibt es sogar Zuflüsse von außen. Der langfristige Bereich aber mit Artikeln wie Uhren, Schmuck und Foto, Unterhaltungselektronik oder Möbeln schöpft die Kaufkraft der Neusser nur zu knapp 80 Prozent ab. Da sehen die Gutachter Handlungsbedarf. Das Ziel ist laut Gutachter Paul Jansen, die durchschnittliche Kaufkraftbindung von 98 auf 108 Prozent zu steigern, etwa mit neuen Angeboten an Möbeln, Einrichtungsartikel, Bau- und Gartenbedarf.

Wo was angesiedelt werden kann, wird mit dem Konzept klarer definiert sein als jetzt noch. Außerhalb der Zentren wird das vor allem Fachmärkten und Discountern erschwert, wenn sie zentrenrelevante Artikel verkaufen oder überdurchschnittlich viel Kaufkraft aus Stadtteilzentren abziehen würden.

Das Konzept soll helfen, "die Dinge am richtigen Standort anzusiedeln", sagt Kirsten Krüger, bei der Wirtschaftsförderung Expertin für den Einzelhandel. Und Amtsleiter Andreas Galland ergänzt: Die Planungshoheit der Stadt werde nicht durch das Konzept, sondern durch Vorgaben des Landes eingeschränkt. "Das Konzept macht die Planung sicherer."

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