Neuss: Chinesen unter Verdacht - Schießerei im Rheinpark-Center

Keine Verletzten, sechs Festnahmen: Organisierte Kriminalität bisher nur Vermutung.

Neuss. Ein hautenges Oberteil, aufgespannt auf einer Puppe im Schaufenster des Modezentrums Haus Milano, steht mit schillernder Aufschrift für einen Verdacht: "Mafia Connection". Organisierte Kriminalität, chinesische Banden - "davor haben wir hier jetzt alle Angst", sagte eine Textilhändlerin Dienstag kurz nach der Tat im Rheinpark-Center.

Die Polizei verweist auf die Fakten: Gegen 12.15 Uhr feuerten mehrere asiatisch aussehende Personen an der Verladerampe des Hauses Milano, direkt an der Breslauer Straße, mit scharfen Waffen aufeinander. Zeugen sprechen von mehr als 20 Schüssen, die Polizei bestätigte lediglich "eine Vielzahl von Hülsen" und Einschusslöcher an fünf Fahrzeugen. Offenbar wurde bei der Schießerei niemand verletzt - als die Ermittler Minuten später an der Breslauer Straße eintrafen, war jedenfalls keiner der Beteiligten mehr am Tatort.

"Gegen 12.45 Uhr ist bei der Fahndung an der Stadtgrenze zu Düsseldorf ein mit vier Männern besetzter Pkw aufgefallen. Wir haben sie vorläufig festgenommen", sagte Polizeisprecher Willi Arnold. Dabei handele es sich um nicht in Deutschland gemeldete Chinesen im Alter zwischen 23 und 30 Jahren. Ob sie überhaupt mit den Schüssen in Verbindung stehen, sei noch unklar. Deshalb hielten die Ermittler ihre Fahndung aufrecht: Ein Hubschrauber kreiste über Neuss, die Polizei umliegender Städte wurde alarmiert, hunderte Autofahrer steckten bis 17.25 Uhr auf den gesperrten Straßen im Stau. Zeugen nämlich hatten mehr als vier Verdächtige weglaufen sehen.

Wie die WZ erfuhr, sagte ein Mann gegenüber den Fahndern aus, er habe sechs Personen gezählt. Anderen Berichten zufolge sind bis zu zehn Täter flüchtig. Und nach Worten einer Anwohnerin versteckten sich einige Männer erst hinter einem Auto und liefen dann in verschiedene Richtungen davon - zur S-Bahn-Station An der Hammer Brücke und zum Fußweg in Richtung Rhein. Die Polizei war möglicherweise in einem Parkhaus nahe dem Tatort erfolgreich: Dort nahm sie zwei weitere Chinesen fest, die sich verdächtig auffällig verhalten haben sollen. Beide sind 24 Jahre alt und nicht in Deutschland gemeldet. Ob sie oder die Männer im Auto eine Waffe bei sich hatten, wollte die Polizei Dienstag nicht sagen.

Zu einem möglichen Tatmotiv äußerte sich die Polizei bis zum Abend nicht. Auch Verbindungen zur Organisierten Kriminalität wollte ein Behördensprecher Dienstag weder herstellen noch ausschließen. Für Anwohner, Mitarbeiter umliegender Geschäfte und chinesische Händler erscheint die Vermutung allerdings nicht aus der Luft gegriffen. "Hier geht es immer wieder um viel Geld", sagte ein Geschäftsmann.

Unter den drei Textilhandelshäusern im Dreiecks ist es vor allem das Haus Milano, in dem Chinesen ihre Läden betreiben. Sie verkaufen Billig-Importe aus der Volksrepublik. "Ein erträgliches Geschäft und zumeist legaler Handel", sagt ein Insider.

Doch offenbar gibt es auch andere lukrative Geschäfte zwischen einigen Chinesen an der Breslauer Straße: Pai Gow, ein Glücksspiel mit Dominosteinen oder Pokerkarten. Dem Vernehmen nach geht es dabei immer wieder um Geld - manchmal um bündelweise Scheine.

Dass die Schießerei mit Glücksspiel oder auch mit Schutzgeld - wie es nach Expertenansicht viele chinesische Restaurantbesitzer zahlen - zu tun haben könnte, ist laut Polizei "reine Spekulation". Bislang habe es bei den Chinesen im Rheinpark-Center deshalb noch keine Einsätze gegeben.

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