Netzwerk für Demenzkranke

Carlo Hahn schließt mit Alzheimer aktiveineBeratungslücke.

<strong>Dormagen. Vor zwei Jahren noch saß Anna Hahn (87) oft am Steuer ihres Autos. Sie bewältigte selbstständig ihren Haushalt. Doch dann alarmierten die Enkel Familienvater Carlo: "Bei der kannst Du nicht mehr mitfahren. Die nimmt sich die Vorfahrt, wo sie sie braucht!" Der 58-jährige Sohn hatte sich schon über die merkwürdigen Hilfegesuche seiner Mutter gewundert: "Du musst kommen, der Computer geht nicht mehr", rief sie ihm immer wieder zu. Aber das Gerät funktionierte einwandfrei. "Sie hatte vergessen, wo die Einschalttaste war", erklärt Carlo Hahn. Seit einem Jahr lebt seine Mutter in seinem Haus. "Demenz" heißt die schreckliche Diagnose. Der Arzt hat der Seniorin einen Tablettenmix verschrieben. Viermal am Tag muss sie ihn nehmen, um den unheilbar fortschreitenden Gedächtnisverlust zu verzögern. Pillen gegen die Odyssee auf der Suche nach Beratungseinrichtungen gibt es jedoch nicht. Und genau deshalb hat Carlo Hahn jetzt "Alzheimer aktiv" ins Leben gerufen, die Selbsthilfegruppe für Angehörige. So wie den Hahns soll es niemandem mehr ergehen. "Damals hatte ich mich in meiner Verzweiflung an die Deutsche Alzheimer Gesellschaft gewandt. Denn in punkto kostenlose Beratung ist Dormagen ein weißer Fleck auf der Landkarte", sagt der Stürzelberger. Ein kleines Netzwerk mit Ansprechpartnern habe er mittlerweile zusammengestellt.

Seine Mutter stationär unterzubringen, kam für den stellvertretenden Stadtbeauftragten der Malteser nie in Frage. "Sie hat mich schließlich aufgezogen", sagt er. Aus allen Wolken sei er gefallen, als er gehört habe, wie wenig Hilfe die Pflegeversicherung zur ambulanten Betreuung beisteuert: "Wenn ich an fünf Tagen in der Woche eine Altenpflegerin halbtags engagiere, dann kostet mich das 2500 Euro monatlich. Davon bekomme ich nur 315Euro wieder." Bleiben 2185Euro. "Soviel verdient einer aus meiner Familie brutto - wer kann sich das leisten?", fragt der Versicherungsmakler.

Und diese Rechnung sei schon nach der Pflegereform erstellt, die im Sommer 2008 in Kraft treten soll. Will heißen: Zum heutigen Zeitpunkt würden die Hahns noch weniger Geld erstattet bekommen. Wer weiß das schon? Und wo könnte es günstigere Pflegekräfte geben? "Ich hoffe, dass meine Selbsthilfegruppe dazu beitragen kann, die Fragen zu beantworten", sagt Hahn. Denn er hat eine Idee: "Man kann sich bei den Maltesern ausbilden lassen und dann selbst zur Pflegekraft werden!"

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