Naturdenkmal bedroht Stadt will Kastanien fällen

Selikum. · Die Bäume auf dem Weg zum Schloss Reuschenberg sollen gefällt werden. Der Naturschutzbeirat des Kreises könnte das verhindern.

 Die über 100 Jahre alte Kastanienallee zwischen Kinderbauernhof und Schloss Reuschenberg ist ein seine Umgebung prägendes Naturdenkmal.

Die über 100 Jahre alte Kastanienallee zwischen Kinderbauernhof und Schloss Reuschenberg ist ein seine Umgebung prägendes Naturdenkmal.

Foto: Christoph Kleinau

Thomas Schommers hat die Tagesordnung für die außerordentliche Mitgliederversammlung der Cornelius-Gesellschaft am 20. September um einen Punkt erweitern müssen. Denn die Stadt plant, die beiden Kastanienreihen an der Gerhard-Hoehme-Allee spätestens bis Ende Februar auf ganzer Länge zu fällen. „Die Straße, aber auch der Kinderbauernhof würden viel von ihrem Flair verlieren“, sagt der Vorsitzende der Gesellschaft, die sich als Heimatverein von Selikum versteht. Schommers hörte am Donnerstag zum ersten Mal von dieser Absicht und hat sich vorgenommen, bei der Eröffnung des Appeltaatefestes seines Vereins am Samstag  dazu etwas zu sagen.

Die Allee ist eines von 17 Naturdenkmalen, die der Landschaftsplan des Rhein-Kreises für das Gebiet der Stadt Neuss ausweist. Mit der Festsetzung, die der Rhein-Kreis nach Angaben von Stadt-Pressesprecher Peter Fischer wegen ihrer Eigenart und Schönheit getroffen hat, erhielten die Bäume auch einen hohen Schutzstatus. Der ist nicht ohne weiteres auszuhebeln.

Auf der Basis einer gutachterlichen Untersuchung aus dem Juni wird die Verwaltung am Dienstag, 3. September, zunächst den Mitgliedern der Baumkommission darlegen, warum ein dauerhafter Erhalt des Naturdenkmals als historische Allee nicht mehr möglich und die Fällung unumgänglich ist. Er habe auf einem Ortstermin bestanden, sagt der Kommissionsvorsitzende Michael Klinkicht. Er hat die Hoffnung, dass ein Aufschub möglich ist „wenn keine Gefahr im Verzug ist“. Bevor der Rat am 27. September entscheiden kann, muss sich der Landschaftsbeirat des Kreises, dessen Votum bindend wäre, mit dem Antrag der Stadt beschäftigen, die um Befreiung von den Naturschutz-Auflagen gebeten hat. Das ist nach Paragraph 67 Bundesnaturschutzgesetz möglich, „wenn dies aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer und wirtschaftlicher Art, notwendig ist.“ Genau das bejaht die Stadt, die von einem besorgniserregenden Gesundheitszustand der Alleebäume spricht. Elf von zwölf Rosskastanien seien unter anderem aufgrund eines Befalls durch den Brandkrustenpilz nicht mehr standsicher und „in sehr naher Zukunft abgängig“.

Die Kastanien wurden nach Angaben des städtischen Umweltamtes vor über 100 Jahren gepflanzt, um den Weg zum Schloss Reuschenberg zu säumen. Die Allee liegt an einem gefragten Rad- und Fußweg und ist auch das letzte Wegstück der Pilger, wenn in einer Woche die Wallfahrt zur Corneliuskapelle beginnt. Aus diesen Tatsachen und der Nähe zum Kinderbauernhof leitet die Stadt hohe Anforderungen an die Verkehrssicherheit ab.

Als sie gepflanzt wurden, waren die Rosskastanien wegen ihrer Blüte „in“, heute ist die Baumart unter Druck – und wird von der Stadt nicht mehr gepflanzt. Wenn die Allee wiederhergestellt wird, dann mit Edelkastanien oder Walnussbäumen.

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