„Natürlich können Trittbrettfahrer nicht ausgeschlossen werden“

Kriminalhauptkommissar Dirk Gütte spricht über die Brandserie auf der Furth. Seit Oktober standen dort 14 Fahrzeuge in Flammen.

„Natürlich können Trittbrettfahrer nicht ausgeschlossen werden“
Foto: Bothe

Neuss. 14 Autobrände inklusive Lkw und Transporter gab es seit Mitte Oktober vergangenen Jahres auf der Furth.

Herr Gütte, es spricht alles für eine Serie, oder?

Dirk Gütte: Es ist in diesem Fall mit hoher Wahrscheinlichkeit von einer Brandserie auszugehen. Erst einmal ist der „Modus Operandi“, also die Art und Weise, wie die Fahrzeuge in Brand gesetzt wurden, überall sehr ähnlich. Und zweitens ist es eher unwahrscheinlich, dass auf einem so örtlich und räumlich eng begrenzten Raum verschiedene Tätergruppen zeitgleich agieren. Natürlich können aber sogenannte Trittbrettfahrer beziehungsweise Nachahmungstäter nicht zweifelsfrei ausgeschlossen werden.

Welche Strafe hat der Täter — angenommen, es ist nur einer — zu erwarten, sollte es sich tatsächlich um einen Serienbrandstifter handeln?

Gütte: Sollten wir den oder die Täter dingfest machen, wird das ein Richter im Prozess entscheiden. Der Paragraf 306 StGB sieht zumindest für „Brandstiftung“ eine Freiheitsstrafe von ein bis zehn Jahren vor. Wie letztlich entschieden wird, hängt von vielen Faktoren ab.

Was sind die ersten Schritte eines Brandermittlers, wenn er am Tatort ankommt?

Gütte: Man verschafft sich erst einmal einen Überblick über den Brandort, sprich Lage des Brandortes, Sichtbarkeit des Fahrzeuges von der Straße aus, Zugangsmöglichkeiten zum Gelände, mögliche Kameraüberwachungen und so weiter. Danach schaut man sich das Fahrzeug an. Man kann mit entsprechender Schulung meist gut erkennen, an welcher Stelle der Brand seinen Ursprung nahm. Letztlich ermittelt man nach Ausschlussverfahren die Brandursache. Es gibt nur wenige Ursachen — zum Beispiel technische Defekte, Blitzeinschlag, chemische Reaktionen und eben Feuer oder Flamme die an ein Objekt herangebracht werden.

Worin liegt für den oder die Täter der Reiz?

Gütte: Wenn wir das immer vorher wüssten! Ich kann nur schätzen, dass das Feuer an sich reizt oder die Ereigniskette, die losgetreten wird, wenn Feuerwehr und Polizei stundenlang im Einsatz sind.

Wird bei solchen Taten ein psychologisches Profil des Täters erstellt?

Gütte: Wir arbeiten in dieser Sache mit dem Landeskriminalamt (LKA) zusammen, genauer gesagt mit dem Sachgebiet OFA (Operative Fallanalyse). Der Leiter dieses Sachgebietes EKHK, Andreas Müller, beschreibt das, was seine Mitarbeiter machen, wie folgt: „Die LKA-Profiler der OFA des Landeskriminalamtes NRW unterstützen die Ermittlungen der EK „Furth“. Das Expertenwissen der LKA-Profiler wird eingebracht, um über deren Serienanalyse täterbezogene Besonderheiten in den Fällen herauszustellen, darüber ein Täterprofil (Wer kommt in Frage?) und GEO-Profil zum räumlichen Täterverhalten (Wo ist zu suchen?) zu erstellen. Ziel der Zusammenarbeit ist, die Tat rasch zu klären.“

Ab wann wird solch eine Ermittlungskommission einberufen?

Gütte: Sie wird bei herausragenden Delikten oder Seriendelikten einberufen, wenn absehbar ist, dass ein Sachbearbeiter die anfallenden Ermittlungen nicht oder nicht zeitnah alleine bewältigen kann.

Wie ist die Rollenverteilung innerhalb der Kommission?

Gütte: Sie besteht aus einem Kommissionsleiter und mehreren Ermittlungsbeamten. Der Leiter (in der Regel der Hauptsachbearbeiter) kennt die Akte, wertet diese aus und legt sogenannte „Spuren/Ermittlungsaufträge“ an, die dann von den Kommissionsmitgliedern abgearbeitet sprich ausermittelt werden. Die Ergebnisse kommen wieder zum Leiter und zur Akte und dieser prüft, ob sich daraus neue Spuren ergeben oder Verbindungen zu anderen Ermittlungsergebnissen hergestellt werden können. Dann würden neue Aufträge angelegt und so weiter.

In wie viele Brandermittlungen waren Sie insgesamt schon involviert?

Gütte: Was Brandermittlungen im Allgemeinen angeht, werden es bestimmt schon an die 1000 in den vergangenen Jahren als Mitarbeiter des zuständigen Kommissariats gewesen sein. Von Mülltonnenbränden bis hin zu niedergebrannten Wohnhäusern oder Firmenhallen war alles dabei. Hierbei handelt es sich natürlich nicht immer um Brandstiftung. Oftmals stellt sich im Zuge der Ermittlungen heraus, dass ein technischer Defekt oder der fahrlässige Umgang mit Feuer (zum Beispiel weggeworfene Zigarette, unbeaufsichtigte Kerze und so weiter) ursächlich für einen Brand war.

Wie oft hatten Sie in Ihrer Laufbahn mit Serienbrandstiftern zu tun?

Gütte: Ich selbst hatte mit drei, vielleicht vier mutmaßlichen „Serienbrandstiftern“ in den letzten Jahren zu tun. Bei der Formulierung ist Vorsicht geboten, da wir uns mit unseren polizeilichen Ermittlungen zunächst auf einen Tatverdacht beziehen. Eine strafrechtliche Be-, beziehungsweise Verurteilung als „Brandstifter“ geschieht durch ein Gerichtsverfahren.

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