Für Händler zu kompliziert Erst 1100 Mehrwegbecher sind im Umlauf

Neuss. · Die anbietenden Geschäfte wünschen sich mehr Werbung und eine Reinigung der Becher.

 Der Entwurf des Bechers stammt von Humboldt-Gymnasiasten.

Der Entwurf des Bechers stammt von Humboldt-Gymnasiasten.

Foto: Saskia Reuter /AvH

Die Stadt will ein neues Pfandsystem für Mehrwegbecher einführen. Laut Verwaltung scheitert das Vorhaben bisher, da Neusser Geschäfte vor dem Abwicklungsaufwand zurückschrecken. Die Läden selbst wünschen sich ein geeignetes Konzept und eine bessere Bewerbung der Mehrwegbecher, damit diese öfter von Kunden genutzt würden. Die gewünschte Resonanz blieb bislang nämlich aus.

Im Frühjahr 2018 hatte die Stadt mit dem Alexander-von-Humboldt -Gymnasium den „Neusser Mehrwegbecher“ entwickelt, um Einwegbecher-Abfall zu reduzieren. Dieser ist in Innenstädten besonders hoch, Einwegbecher füllen im städtischen Umfeld deutschlandweit jährlich bis zu acht Millionen 50-Liter-Mülleimer. Einer aktuellen Studie des Umweltbundesamtes (UBA) zufolge verbraucht jeder Deutsche jährlich im Schnitt 34 Einwegbecher für Heißgetränke. 2,8 Milliarden Becher sind das insgesamt pro Jahr, von denen 60 Prozent kunststoffbeschichtete Papierbecher und 40 Prozent reine Kunststoffbecher sind.

Laut Verwaltung sei der Handel nicht bereit für das neue System

Eine Alternative stellen Mehrwegbecher dar. Laut Verwaltung wurden seit der Einführung des Neusser Modells bereits 1100 Becher in Umlauf gebracht. Ob das in anderthalb Jahren eine gute Bilanz ist, ist fraglich. Nun stellt die Stadt das Pfandsystem auf den Prüfstand. Der Verwaltung zufolge sei die Bereitschaft von Neusser Geschäften zur Einführung dieses neuen Systems jedoch nicht vorhanden.

Für Umweltdezernent Matthias Welpmann liegt das Problem auf der Händlerseite: „Bisher besteht bei den Betrieben leider kein Interesse zur Teilnahme am Pfandsystem.“ Ladeninhabern zufolge wäre der Abwicklungsaufwand zu hoch, der durch das Reinigen der Becher und die gesonderte Verbuchung bei der Rücknahme entstehen würde: „Aber das Pfandsystem bedeutet natürlich auch einen deutlich erhöhten Aufwand für die Geschäfte.“

Ana Kesseler, Inhaberin des Cafés „Alte Post“, hat in zwei Jahren einen einzigen Becher verkaufen können. Sie wünscht sich mehr Werbung für den Mehrwegbecher: „Dabei ist der Becher doch eine gute Sache für die Umwelt, er müsste nur bekannter werden.“ Bei einem Pfandsystem würde sie aber sehr gerne mitmachen, als Voraussetzung hierfür sieht sie allerdings eine unbürokratische Abwicklung. Das bisherige Konzept der Stadt sieht vor, dass Becher von den Geschäften gegen fünf Euro Pfand ausgegeben werden. Kunden sollen diese dann in teilnehmenden Läden nach Benutzung wieder abgeben können, und den Pfand zurückerhalten. Bei der Säuberung und Instandhaltung der Becher werden die Geschäfte in der momentanen Planung des Systems bisher nicht unterstützt.

Café-Betreiber Karsten Lorenz würde die Becher selbst reinigen

Auch Karsten Lorenz, Inhaber des Cafés „Eigenart“, verkauft und befüllt die Mehrwegbecher in seinem Geschäft schon seit längerer Zeit. Er findet, dass das Pfandsystem eine gute Idee ist. „Das wäre doch genau das richtige“, sagt er: „Das System müsste aber einfach gehalten sein, damit es funktionieren kann.“ Er würde die Kosten für die Säuberung der Becher sogar freiwillig selbst tragen.

Karin Luck, Angestellte und Tochter der Inhaberin des „Lotto Lädchens“ an der Rheydter Straße, verkauft den Neusser Mehrwegbecher erst seit Kurzem, den eigenen Becher bei ihnen befüllen kann man aber schon lange. „Ich würde ein Pfandsystem auf jeden Fall unterstützen“, sagt sie. Bei ihr kommt die Kostenfrage mit den sauberen Bechern gar nicht erst auf, da eine Spülmaschine in ihrem Laden nicht vorhanden ist. „Wenn die Becher aber zum Beispiel abgeholt werden würden, und dann gesäubert zurückgebracht würden, wäre das gar kein Problem.“

Mit dem geplanten Pfandsystem der Stadt könnte Neuss einen Beitrag zur Müllvermeidung leisten. Die Geschäfte sind grundsätzlich auch bereit dazu, doch das Konzept der Stadt ist ausbaufähig.

Das sieht auch Umweltdezernent Welpmann ein: „Man muss in gemeinsamer Initiative einen Ansatzpunkt finden, der auch für die Händler attraktiv genug ist. Das Problem liegt momentan im Aufbau der Logistik. Da haben wir noch einiges vor uns.“

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