Künstliches Riff im Kaarster See

Umweltschutz: Taucher des TSC hoffen, dass sich nach dem Versenken von Betonröhren das Gleichgewicht im See ein wenig stabilisiert.

Kaarst. Die Szene mutet an wie der Beginn von Wolfgang Petersens Klassiker "Das Boot": Trübgrünes Wasser, Schwebeteilchen geistern vorüber. Plötzlich ein dunkler Schatten, der immer größer wird. Doch es ist kein Boot, das die Mitglieder des Tauchsportclubs Kaarst (TSC) auf dem Grund des Sees versenkt haben, sondern ein Unterwasserriff aus Betonröhren.

"Es ist nicht nur im Interesse der Taucher, dass das biologische Gleichgewicht im See stabilisiert wird", erklärt TSC-Vorsitzender Volker Pieper. "Auch Angler und Segler profitieren, wenn das Gewässer gesund ist." Das Versenken von Betonröhren ist nur ein kleiner Beitrag, auf den die Kaarster Sporttaucher jedoch stolz sind. Umweltschutzprojekte dieser Art sind in Deutschland noch selten.

Beim Kaarster See war es für Schutzmaßnahmen tatsächlich höchste Zeit: "In den 90er Jahren war der Kaarster See für Taucher eine Perle in NRW. Die Sichtweiten unter Wasser waren hervorragend", erinnert sich Pieper. Doch vor gut zehn Jahren nahm die Wasserqualität dramatisch ab. Ab Juli und August schwammen verstärkt Algen an die Oberfläche, und der See begann zu riechen. Es drohte ein Kollaps wie beim Elfrather See in Krefeld. Pieper: "Gründe gibt es viele, doch immer ist der Mensch zentraler Verursacher." So gründete der TSC eine Aktionsgruppe Umwelt, um für Abhilfe zu sorgen.

Das Prinzip künstlicher Riffs ist schon länger bekannt. In den 60er und 70er Jahren entdeckten Fischer weltweit, dass es dort, wo Wracks lagen, einen reichen und ergiebigen Fischbestand gab. Biologen fanden schnell heraus, dass verwinkelte Gänge und Aufbauten versunkener Schiffe ideale Brutstätten für Fischlaich waren. Dies lockte auch größere Raubfische an. In Binnengewässern gilt die Ansiedlung von Muscheln als besonders wichtig. Pieper: "So genannte Dreikantmuscheln sorgen für einen höheren Sauerstoffgehalt im Wasser und filtrieren das Wasser."

Nun wurden von den Tauchern Anfang Mai mehrere Betonröhren im See versenkt und auf dem Seegrund zu einem Gebilde errichtet. Tatsächlich wurden die Röhren, die nun knapp 20 Meter von einem Anlegesteg entfernt in gut sechs Metern Tiefe liegen, schon einen Monat nach ihrer Versenkung von den Seebewohnern angenommen: Fischlaich wogt in der leichten Strömung wie ein langer, transparenter Faden umher, eine leichte Algenschicht hat die Oberflächen bedeckt.

Volker Pieper leuchtet mit einer starken Handlampe in die Röhren, doch bis ein größerer Fisch von der Zufluchtsmöglichkeit Gebrauch macht, dürfte noch Zeit vergehen. Ein weiteres künstliches Riff, das vor einem Jahr errichtet wurde, ist dagegen schon von kleinen Muschelkolonien besiedelt.

Der TSC-Vorsitzende deutet auf eine versunkene Bierflasche und schüttelt mit dem Kopf. Immer wieder gerade an schönen Sommerabenden, erklärt er später am Ufer, würden Feiernde leere Flaschen möglichst weit in den See werfen. "Unverantwortlich, so etwas. Jedes Stück Müll bedeutet einen Eingriff in das biologische Gleichgewicht des Sees." Bei der TSC würde daher beim Training im Hallenbad vor allem das Trarieren geübt, so dass die Taucher bei ihren Ausflügen in die Unterwasserwelt keinen Kontakt mit dem Seegrund haben und keine Sedimente aufwirbeln. Pieper: "Wir nehmen das Sporttauchermotto, im Wasser nichts zu hinterlassen als Luftblasen, sehr ernst."

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