Karneval: Ein "Nüsser Ovend" mit viel Luft nach oben
Die 84. Auflage des Nüsser Ovends enttäuschte über weite Strecken. Jörg Knör und De Räuber retteten die Stimmung.
Neuss. Frecher, emotionaler und attraktiver — die Veranstalter hatten sich für den 84. Nüsser Ovend viel vorgenommen. Die Brauchtums- und Karnevalsgruppe in der Vereinigung der Heimatfreunde (BKG) wollte beides: junges Publikum ansprechen, Ältere aber nicht vergrätzen. Der Versuch misslang.
Schon der Kartenvorverkauf lief schleppend. Mit fast 800 Gästen war die Stadthalle zwar gut gefüllt, doch ausverkauft war sie nicht. „Wir wollen den Ovend nicht umkrempeln, aber neue Ideen einbringen“, hatte BKG-Präsident Uli Ziegler im Vorfeld versprochen. Letztlich retteten die Auftritte der Räuber als bewährte Stimmungsmacher und Entertainer Jörg Knör einen faden, vor sich hin plätschernden Abend. So wenig geschunkelt wurde selten. Die Zuschauer zündeten nur zwei närrische Raketen und mussten aufpassen, dass sie in der dunklen Halle bei Solotrompeter Lutz Kniep und einer erst spät einsetzenden Lasershow nicht einschliefen.
Dabei hatte alles gut angefangen: Unter dem Motto „En de Kais von Nüss“ zauberten die Bühnenbauer um Herbert Walther mit viel Liebe zum Detail Hafenflair in die Stadthalle. Der Elferrat mit Sitzungspräsident Andreas Struppe, der locker als „Fischhändler“ durchs Programm führte, grüßte aus der „Föschbud“. Die MS 111 Harald ankerte im Hafen, BKG-Truppe und Paginnen im feschen Matrosenkostüm zogen sich in die Kasematten zurück.
Angelehnt an Jacques Brels Lied „Amsterdam“ präsentierte die BKG erstmals ein Mottolied, das Sänger Eddie Schulz vortrug und die Hoffnung auf einen schönen Abend schürte.
„Best Ager“ Christoph Kleinau in seiner Rolle als Prologius sorgte auch an seinem 50. Geburtstag für die lokalen Spitzen, lästerte darüber, wie Neuss den Haushaltsausgleich deichselt und nahm die Diskussion um weniger Dezernenten auf: „Wenn Horst Ferfers in Rente geht, müsste die Stadt bald schuldenfrei sein“, prophezeite er. Auch der Zusatzname fürs Ortsschild war amüsantes Thema: „Millionen brächte vermutlich eine Gazprom-Stadt Neuss.“ Wobei der Prologius anders als sonst insgesamt ein wenig uninspiriert und müde wirkte. Vielleicht hatte er aber auch einfach zu lang in seinen Geburtstag gefeiert.