Karneval: Brot und Spiele fürs Volk

85. Nüsser Ovend: Knacki Deuser, Babsi aus dem Sonnenstudio und De Räuber sind die Höhepunkte in der nicht ausverkauften Stadthalle.

Neuss. Damit der Staat nicht untergeht, sorgten die Mächtigen im alten Rom mit Brot und Spielen für Kurzweil. Daran hat sich auch im Novaesium 2.0 nichts geändert: Das Volk wurde beim 85. Nüsser Ovend bestens bei Laune gehalten. Auch wenn das Programm teilweise etwas harmlos dahinplätscherte, hatten die meisten Gäste in der nicht gefüllten Stadthalle einen vergnüglichen Abend.

Die Brauchtums- und Karnevalsgruppe (BKG) der Neusser Heimatfreunde drehte das Rad der Geschichte zurück ins Castrum Novaesium: Die Bühnenbautruppe um Harald Plum und Herbert Walther hatte das römische Motto stimmungsvoll in Szene gesetzt: Säulen, Romaneum und ein Quirinus, der zum Ovend extra von seiner Kuppel herabsteigt. Die Senatoren des BKG-Elferrats verfolgten das Spektakel von den Arkaden aus. Viele Zuschauer in den unteren Rängen hatten sich getreu dem Motto verkleidet. Sie trugen Toga, Römersandalen (barfuß!) und Lorbeerkranz. Eine Römerin hatte sich gar ein Brötchen um den Hals gehängt. Schließlich rief Sitzungspräsident Andreas Struppe aus: „Panem et circenses — mögen die Spiele beginnen!“

Zum achten Mal brach Christoph Kleinau das Eis: „Im Kern ist Neuss nicht viel weiter und huldigt seinem Stadtpatron, Herbert heißt er“, textete der Prologius. Der Bürgermeister selbst konnte darüber nicht lachen, er war erkrankt zu Hause geblieben.

Die CDU bekam freilich ihr Fett weg: „Wer für die CDU ins Rennen geht, das noch in den Sternen steht. Nicht einmal Frau Merkel wüsste, wo man in Neuss noch suchen müsste.“ Tusch.

Ein schöner Einfall: Kleinau vermutete, der Neusser Kämmerer sei beim Landrat eingebrochen, da die Kreisumlage bei ihm in der Zuckerdose stecke. Als Obolus für seinen Auftritt erhielt Kleinau die erste Rakete des Abends und das alte Stadtwappen der BKG. Ob der Prologius im nächsten Jahr wieder auf der Bühne steht, ist noch offen. Erst tagt der Familienrat.

Mit De Altreucher, den Sandhasen und den Fantastic Fanfares ging es ohne große Höhepunkte mit klassischen Karnevalsstimmungsmachern weiter. Auch Hoppeditz Jürgen Schmitz ging auf das lokale Geschehen ein. Er lobte CDU-Chefin „Rotkäppchen“ Helga Koenemann, die die Macht an ihre Brust gerissen habe („Das ist jetzt nicht sexistisch gemeint“).

Danach zogen De Räuber in die Arena, die freilich leichtes Spiel hatten. Selbst Cäsar Hermann Gröhe, Konsul Reiner Breuer und Statthalter Thomas Nickel (mit Borussen-Schal!) schunkelten auf der Bühne in bester Stimmung.

Nicht nur ein optischer Höhepunkt war erneut „Babsi aus dem Sonnenstudio“ alias Sabine Leuker. Herrlich unbedarft empörte sie sich über den Bauschutt vom Finanzamt und vom alten „Käse“-Gelände, Politiker beim Spatenstich oder das geplante „Kropf“-Gebäude im Hafen, das einem Schiffsbug ähneln soll („Dann ruft der Kämmerer: Schuldenberg voraus“).

Nightwash-Erfinder Knacki Deuser (Foto) schaffte den Sprung von der Comedy zum Karneval scheinbar mühelos. Er überzeugte kurz vor Mitternacht mit pointierten Gags, Tanzeinlagen und Pantomime. Im zitronengelben Hemd präsentierte er eine unterhaltsame Mischung, die ankam: „Wie heißt ein Spanier ohne Auto? — Carlos.“

Die Damengruppe „Ech Lecker“ leitete schließlich zur Party mit DJ Captain Britz ins Foyer über. Da tanzten die Jecken unverdrossen bis um 3 Uhr nachts und beendeten einen Abend, an dem der Funke nicht immer übersprang. Im nächsten Jahr will die BKG verstärkt auf Nüsser Beiträge setzen. . .

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