Kanuten fahren weiter auf der Erft

Bis 2030 gilt eine neue Regelung, die Sportler verhandelt haben. Danach wird der Unterlauf zwischen Gnadentaler Brücke und Brücke Bonner Straße renaturiert.

Kanuten fahren weiter auf der Erft
Foto: Frank Sawukaytis

Neuss. Wenn Flüsse renaturiert werden, haben die Wassersportler oft das Nachsehen. Nicht so in Neuss. Dort konnte — nach gut 50 Beschwerden gegen die Pläne des Erftverbandes allein von Wassersportvereinen und vom Rhein-Kreis initiierten Nachverhandlungen — erreicht werden, dass Slalom-Athleten, Freestyler und auch die Wanderfahrer unter den Kanuten ihren Sport weiter auf der Erft ausüben können. Zumindest bis 2030. „Danach werden die Trainingsstellen an der Epinghovener Mühle und unterhalb der Römerbrücke definitiv nicht mehr zu nutzen sein“, stellt Randolf Wojdowski fest, der Geschäftsführer des Kanu-Verbandes NRW.

Im Februar hatte der Erftverband seine Pläne einer Renaturierung der Erft zwischen der Gnadentaler Brücke und der Brücke Bonner Straße öffentlich gemacht. Seit den 1960er-Jahren begradigt und tief eingeschnitten, soll der Fluss durch Anschluss an seine Altarme einen mäandrierenden Verlauf bekommen, sich also wieder in natürlichen Kehren durch die Aue winden. Zudem soll die Gewässersohle so weit angehoben werden, dass diese Aue früher und häufiger bei Hochwassern überflutet wird. All das dient der Vorbereitung des Flusses auf jenen Tag im nicht mehr allzu fernen Jahr 2045, wenn mit Ende des Braunkohletagesbaus die Erft nicht mehr als Pipeline zum Abfluss der in den Gruben anfallenden Sümpfungswässer benötigt wird.

Aus Sicht des Biotop-, Landschafts- und des Artenschutzes ist das ein guter Plan. Denn der ins Auge genommene Abschnitt ist nach Wissen von Ingeborg Arndt (Grüne) einer der wenigen im Erftverlauf, wo ein natürlicher Zustand wiederhergestellt werden kann. Doch den Kanusport hätte er in der derzeitigen Form unmöglich gemacht. Rund 30 Kanuvereine und mehr als 500 Sportler aus ganz NRW wären davon betroffen.

Die SPD im Stadtrat hatte deshalb eine langfristige Lösung angemahnt und dabei — den von der CDU im Ausschuss als Irrsinn abgetanen — Vorschlag einer künstlichen Trainingsstrecke in den Raum gestellt. Doch der Antrag lief ins Leere, weil die größten Probleme schon gelöst werden konnten. Dank der Kreisverwaltung und Kreisdirektor Dirk Brügge, wie Wojdowski betont: „Das haben wir anderswo auch schon anders erlebt.“

Weil Renaturierung auch heißt, „Einbauten im Fluss zu entfernen“, wie der Neusser Umweltdezernent Matthias Welpmann erklärt, wird das Wiesenwehr, das in der Nähe des Barfußpfades liegt, verschwinden. Es ist aber einer von bundesweit nur vier Trainingsstellen für Freestyle-Kanuten und war, so sagt Wojdowski, erst vor kurzem Austragungsort einer deutschen Meisterschaft. Am Epinghovener Wehr wird nun eine Alternative entstehen. Durch eine bauliche Erhöhung wird dort erreicht, dass das Wehr gleichmäßiger und mit einer größeren Fallhöhe überströmt wird, wie Wojdowski erklärt, so dass sich dort die für Freestyle-Kanuten benötigten Wellen und Walzen bilden.

Ähnliche Lösungen wurden auch für andere Sportarten gefunden. In der Slalomstrecke an der Römerbrücke in der Nähe von Gut Gnadental — einer von zwei Trainingsstellen in NRW — wird es keine baulichen Veränderungen geben. Die Reduzierung der Fließgeschwindigkeit um 0,1 Meter pro Sekunde, die sich aus der Anhebung der Flusssohle unterhalb des Gnadentaler Wehres ergeben wird, schränkt die Trainingsmöglichkeiten nicht ein. „Sollte dies wider Erwarten doch der Fall sein“, heißt es in einem an Bürgermeister Reiner Breuer adressierten Brief Brügges zu den Verhandlungen, sei dieser bereit, „mit baulichen Maßnahmen einen Ausgleich herbeizuführen“.

Den Wasserwanderern schließlich sagt der Erftverband 50 Zentimeter Wasser unter dem Kiel zu — auch oberhalb der neuen Sohlgleite, wo die Erft schließlich in flottem Tempo strömen wird. Für ungeübte Kanuten werden deshalb spezielle Ein- und Ausstiegsstellen angelegt.

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