Kaarst: Kreuz wird zum Zankapfel

Im Kaarster Ratssaal wird auf CDU-Antrag ein Kreuzzeichen aufgehängt.

Kaarst. Während in Gerichtssälen oder Schulen andernorts Kruzifixe abgehängt worden sind, wird im Kaarster Ratssaal ein Kreuzzeichen angebracht. Das hat der Rat auf Antrag der CDU am Donnerstagabend beschlossen. Der Kaarster Künstler Burkhard Siemsen wird damit beauftragt, ein modernes Kreuz für den Sitzungssaal zu fertigen.

Schon das Abstimmungsergebnis zeigte die unterschiedlichen Sichtweisen einer zuvor mit großer Ernsthaftigkeit, aber auch hoch emotional geführten Diskussion. Wobei sich Regierungslager und Opposition in nicht viel nachstanden. In öffentlicher Sitzung wurde schließlich namentlich abgestimmt: Mit 26 Ja-Stimmen setzte sich die CDU-Mehrheit durch, 13 Politiker stimmten gegen ein Kreuz, sechs enthielten sich.

Die Zentrumspartei hatte die Diskussion ins Rollen gebracht und zuerst die Anbringung eines Kreuzes im Ratssaal gefordert, ursprünglich sollte dabei auf ein ausrangiertes Kreuz aus dem alten Düsseldorfer Landgericht zurückgegriffen werden.

CDU-Fraktionsvorsitzende Dorothea Zillmer argumentierte mit Tradition und Prägung: "Das Kreuz ist ein Bekenntnis zum Christentum, ein Zeichen der Toleranz gegenüber anderen Religionen."

Grünen-Chef Christian Gaumitz, dessen Partei zuvor einen Antrag auf "Ablehnung der Zurschaustellung religiöser Symbole im Ratssaal" und auf ein "Bekenntnis zur Neutralitätspflicht" gestellt hatte, prangerte die Anbringung an und betonte, dass Glaubenszeichen in eine+m Ratssaal nichts zu suchen hätten. Er verwies auf die Neutralität der Politik, eine Entscheidung für das Kreuz sei verfassungswidrig.

"Ein Kreuzzeichen verletzt die Grundrechte der Ratsmitglieder, die keine Christen sind und sich eingeschränkt fühlen. Sie müssen nun unter dem Kreuz ihr Mandat ausüben, weil das ihr Recht und ihre Pflicht ist."

In Richtung Verwaltung fragte Gaumitz nach, ob sich diese der rechtlichen Tragweite überhaupt bewusst sei und sie sich entsprechend über den rechtlichen Rahmen informiert habe. Die Grünen forderten den Bürgermeister auf, den Ratsbeschluss zu beanstanden, und schalteten gleichzeitig die Kommunalaufsicht ein. Eine Klage vor dem Verwaltungsgericht in Düsseldorf wollen sie in den nächsten Wochen erarbeiten, kündigte Gaumitz am Freitag an.

Bürgermeister Franz-Josef Moormann positionierte sich eindeutig: "Persönlich kann ich mich nicht vom Kreuz distanzieren. Alles, was mich antreibt, tue ich aus christlicher Überzeugung", sagte der Stadtchef und erklärte: "Es gibt kein absolutes wahres Recht, es gibt 1000 verschiedene Wahrheiten. Das Verfassungsgericht kann nicht für Kaarst entscheiden, ob wir ein Kreuz aufhängen oder nicht. Das muss jede Köperschaft für sich regeln."

Die SPD pochte darauf, von einem Kreuzzeichen Abstand zu nehmen. Anneli Palmen: "Wir haben Glaubensfreiheit, aber ein persönliches Bekenntnis hat hier nichts zu suchen", empörte sich die stellvertretende Bürgermeisterin und wedelte sich mit ihrem Fächer Luft zu. Sie habe nichts gegen Kreuze, aber etwas gegen deren Darstellung als öffentliches Emblem.

Die Liberalen schlossen sich ihrem Koalitionspartner nicht an und machten sich stattdessen für einen Kompromiss stark, der in der hitzigen Debatte aber weitgehend ohne Resonanz blieb und sich nach dem Mehrheitsbeschluss als Antrag erübrigt hatte: "Wir sind für Neutralität. Ein einfaches Kreuz im Rathaus ja, aber nicht im Ratssaal", betonte Hanno Wilsch. Auch der Vorschlag von Yine Zhang (FDP) blieb ungehört: "Man könnte das Kaarster Stadtwappen, auf dem sich auch ein Kreuz befindet, im Saal anbringen", erläuterte Zhang, als toleranter Buddhist befürworte er diese Variante.

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