Eltern von totem Riccardo aus Kaarst Prozessbeginn gegen Raser in Stuttgart

Rhein-Kreis. · Ab dem 11. September muss sich der 20-Jährige, dessen Raserei durch Stuttgart zwei Todesopfer aus dem Rhein-Kreis forderte, vor Gericht verantworten.

 Riccardo und seine Freundin reisten viel, hier sind sie auf einem Selfie in Ecuador zu sehen.

Riccardo und seine Freundin reisten viel, hier sind sie auf einem Selfie in Ecuador zu sehen.

Sein Zimmer ist noch genau so, wie er es damals verließ. Auch fünf Monate später decken sie für ihn den Esstisch ein, auch wenn sie wissen, dass er nie mehr zurück kommen wird. Noch immer herrscht Fassungslosigkeit bei den Eltern von Riccardo. Und Verzweiflung, Trauer und Wut „Die beiden wurden einfach aus dem Leben gerissen“, sagt der Vater.

Es sind die frühen Morgenstunden des 7. März dieses Jahres, als es plötzlich an der Tür klingelt. Die Polizisten haben die schlimmste Nachricht zu überbringen, die Eltern sich vorstellen können: Riccardo (25) und seine Freundin (22) sind in ihrem Auto in Stuttgart gestorben. Vor der Tiefgarage eines Kinos kam es zu einem tödlichen Zusammenstoß mit einem 550 PS starken Mietwagen. Der 20 Jahre alte Fahrer eines Jaguar hatte die Kontrolle über das Fahrzeug verloren und war ins Schleudern geraten. Die Aufprallgeschwindigkeit soll laut einem Gutachten zwischen 100 und 110 Stundenkilometern gelegen haben.

Die Staatsanwaltschaft Stuttgart wertet den Fall als Mord

Zuvor soll der Mann mit bis zu Tempo 165 durch Stuttgart gerast sein. Darum wertet die Staatsanwaltschaft Stuttgart den Fall als Mord. Der Raser habe zumindest billigend in Kauf genommen, dass es zu einem tödlichen Unfall kommen könnte. Prozessbeginn ist am 11. September.

Riccardos Eltern, die in Kaarst wohnen, kündigen an, bei jedem Prozesstermin dabei sein zu wollen. Eine „gerechte“ Strafe gibt es für sie nicht: „Kein Urteil dieser Welt bringt unseren Sohn zurück“, sagen sie. An die Unfallstelle wollen sie bald ein großes Stein-Herz legen, um an die beiden zu erinnern.

Doch Riccardos Eltern wollen nicht, dass nur noch von „den Opfern“ die Rede ist. Sie wollen ihnen ein Gesicht geben. Vor rund vier Jahren lernten sich Riccardo und seine Freundin kennen und lieben. Nicht nur viele gemeinsame Reisen sollten sie im Laufe der Zeit zusammenschweißen. Als der studierte Tourismus-Manager die Möglichkeit bekommt, in einem Stuttgarter Kino als Theaterleiter zu arbeiten, ergreift er die Chance. Das Paar zieht in die baden-württembergische Hauptstadt. Ihre Wohnung war gerade erst fertig eingerichtet, als das Unbegreifliche geschah.

Riccardo und seine Freundin wurden zusammen in Düsseldorf beigesetzt. Denn auch wenn Riccardo in Kaarst lebte, war dort immer sein Lebensmittelpunkt. Der 25-Jährige war bekannt, beliebt und engagiert. Egal ob bei den Pfadfindern, im Fußballverein oder am Arbeitsplatz. Mehr als 500 Menschen kamen zur Beerdigung, um sich von den beiden zu verabschieden, schrieben persönliche Zeilen ins Kondolenzbuch, weinten zu Songs wie „Wish You Were Here“ von Pink Floyd oder „So wie du warst“ von Unheilig.

Auch fünf Monate nach dem tödlichen Zusammenprall ist die Anteilnahme nicht abgeebbt. „Dafür sind wir sehr dankbar“, sagen die Eltern. Erst vor wenigen Tagen seien 16 Freunde von Riccardo vorbeigekommen. Einfach so. Um für sie da zu sein.

Riccardos Vater muss plötzlich Schmunzeln, als er von einer zum Teil äußerst abenteuerlichen Reise seines Sohnes berichtet. Kurz nach dem Abitur reiste Riccardo quer durch Südamerika. Dabei übernachtete er regelmäßig bei fremden Menschen auf der Couch. Doch auch wegen Riccardos offener Art funktionierte alles bestens.

„Da reist Riccardo quer durch Südamerika. Ohne, dass etwas passiert. Und Jahre später geschieht dann so etwas“, sagt sein Vater. Danach folgt sekundenlanges Schweigen.

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