Kaarst: Ein Festakt für die Demokratie

Im Rathaus diskutierten die Gäste über den Mauerfall und die Methoden der Stasi.

Kaarst. Der Festakt der Stadt Kaarst zum Tag der Deutschen Einheit stand im 20. Jahr nach dem Fall der Berliner Mauer ganz im Zeichen dieses folgenreichen Ereignisses.

Die Schüler Katrin Otte, Sonja Hoster und Matthias Beyer von der Elisabeth-Selbert-Realschule hatten eine Bilderpräsentation zusammengestellt und lieferten den Gästen im Atrium des Kaarster Rathauses dazu Hintergrundinformationen, begonnen mit dem ersten Tag des Mauerbaus am 13. August 1961 bis zur Öffnung der DDR-Grenze. "An diesem Tag ging eine Freude durch die ganze Welt", sagte Matthias Beyer.

Zuvor hatte Bürgermeister Franz-Josef Moormann auf die Gründe hingewiesen, warum die Stadt seit vielen Jahren zum 3.Oktober einlädt. "Wir brauchen den Tag der Deutschen Einheit als Tag der Verfassung", so Moormann. "Es gilt, die Demokratie zu leben, zu stärken und zu bestätigen."

Als Hauptredner war Karsten Dümmel eingeladen. Er lebte 28 Jahre in der DDR, bekam Studienverbot und lebte unter Stadtarrest, wurde viermal verhaftet und 1988 schließlich von der Bundesrepublik freigekauft. Dümmel sprach zum Thema "Misstrauen und Lüge als Grundprinzipien eines Unrechtsstaats". Zur Dokumentation präsentierte er Kopien von Stasi-Akten, unter anderem über ihn selbst.

Die Zeit des Ministeriums für Staatssicherheit lässt sich nach seiner Darstellung in zwei Perioden aufteilen. Von der Gründung 1950 bis Mitte der 1970er Jahren setzte die Stasi sich zur Hauptaufgabe, Feinde zu inhaftieren und abzuschieben. Ab 1976 begannen die so genannten "Zersetzungsmaßnahmen" gegen jene, die nicht im Sinne des Regimes dachten.

Ziel war der völlige Kontrollverlust des Menschen über sein Leben. Zu den Maßnahmen, die von Psychologen akribisch erarbeitet wurden, gehörte unter anderem die systematische Diskreditierung des öffentlichen Rufs, begonnen bei einem gestreuten Gerücht in einer Gruppe. Die Karteikarte über die bespitzelte Person war der Beginn einer Stoffsammlung.

Die Stasi führte 22 Arten von Karteikarten, nutzte über 3.000 Abkürzungen. In den Kerblochkarten wurden auch persönliche Eigenschaften, Vorlieben und Vereinszugehörigkeiten festgehalten. Die "Romeo-und-Julia-Kartei" suchte sogar Partner füreinander aus.

Selbst nach seinem Freikauf durch die Bundesrepublik wurde Dümmel als Student an der Universität Tübingen weiter von der Stasi beobachtet. Als er eine Liste mit Namen der auf ihn angesetzten Inoffiziellen Mitarbeiter sah, "merkte ich, dass es kein ost-deutsches Problem war, sondern ein deutsches", so Dümmel.

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