Kaarst: Anlaufstelle für Mieter in Not

Sozialausschuss: Die Verwaltung will für drei Jahre eine Fachstelle für Wohnungsnotfälle einrichten. Frühzeitige Beratung soll den Verlust der Wohnung verhindern.

Kaarst. Viele Jahre diskutierte die Politik über die maroden Schlichtwohnungen an der Danziger Straße. Zunächst wurde nach einem neuen Grundstück gesucht, dann sollten die alten Häuser schrittweise abgerissen und durch einen Neubau an gleicher Stelle ersetzt werden. Das stieß jedoch auf erhebliche Proteste aus der Nachbarschaft.

"Aus diesem Anlass hat die Verwaltung noch einmal alles auf den Prüfstand gestellt und es hat ein Paradigmenwechsel stattgefunden", sagte der Erste Beigeordnete und Sozialdezernent Heinz Dieter Vogt jetzt im Ausschuss für Sport, Senioren, Demografie und Soziales (SDSA). "Die Einrichtung einer zentralen Fachstelle für Wohnungsnotfälle könnte den Bedarf an Sozialwohnungen mindern und einen Neubau an der Danziger Straße erübrigen."

Für die Fachstelle sollen zunächst auf drei Jahre befristet eine zusätzliche Verwaltungskraft und ein Hausmeister eingestellt werden. Fördermittel des Landes Nordrhein-Westfalen könnten zur Verfügung stehen.

Erfahrungsberichte gaben in der Ausschusssitzung Andreas Sellner vom Diözesan-Caritasverband Köln und Ernst Görtz von der Wohnungsnothilfe in Neuss. "Durch eine frühzeitige Kenntnis einer fristlosen Kündigung können wir auf die Mieter zugehen. Durch mehrere Angebote der Betreuung lassen sich die Vermieter häufig darauf ein, die Bewohner zu behalten und auch eine Zahlungsvereinbarung zu treffen", sagte Görtz.

Im Regelfall wird nach dem Ausfall von zwei Monatsmieten fristlos gekündigt und im nächsten Schritt beim Amtsgericht eine Räumungsklage eingereicht. Erst dadurch wird die Kommune informiert. An dieser Stelle kommt die Fachstelle als zentraler Ansprechpartner für Mieter und Vermieter ins Spiel. "Eine Räumung und Einweisung in eine Wohnungsnotunterkunft ist um das Siebenfache teurer als eine Präventionsmaßnahme", rechnete Andreas Sellner vor.

Für Kaarst bedeute dies derzeit ein jährliches Einsparpotenzial von 107000 Euro und keine 1,8Millionen Baukosten für die Danziger Straße, wie Sellner sagte.

Derzeit leben 77 Personen in fünf städtischen Wohnanlagen, davon sind 16 Menschen im klassischen Sinne obdachlos. Den Großteil bilden Spätaussiedler und Flüchtlinge. Einige Bewohner leben bereits seit 42 Jahren in den Unterkünften. Die Fachstelle würde eine schnellere Integration der betroffenen Personen in den freien Wohnungsmarkt einleiten.

Bei einer erfolgreichen Arbeit, so Heinz Dieter Vogt, könnten auch die Wohnungen an der Rotdornstraße und dem Bäumchensweg langfristig aufgegeben werden. Alle Fraktionen im Ausschuss befürworteten den Vorschlag. Die CDU erbat sich weitere Zeit zur Beratung. In der Ratssitzung am 27.Mai steht das Thema erneut auf der Tagesordnung.

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