Impfungen in Neuss: Praxis muss 100 Menschen abweisen

Viele Ärzte berichten von vollen Wartezimmern. Doch bei der Auslieferung der Dosen hakt es.

Neuss. Die Nachfrage nach der Impfung gegen die Schweinegrippe ist rasant gestiegen. Das merken viele der 72impfberechtigten Ärzte in Neuss, die Patienten wegen fehlenden Impfstoffs wieder nach Hause schicken müssen. So berichtet der HNO-Arzt Dr. Martin Schultze: "Pro Tag wollen bis zu 100 Menschen geimpft werden, wir können aber nur 60 schützen."

Auch diese Praxis erhält weniger Dosen, als sie bestellt hat. Die Warteliste hat man wieder aufgelöst, da sie so lang wurde, dass die Menschen vier Wochen auf den kleinen Piekser gegen die "Neue Grippe" warten mussten. Nun kommen die Menschen einfach so in die Praxis, hoffen auf genug Dosen.

Jutta Mameghani von der Praxis Ecker/Mameghani sagt: "Wir haben vor einer Woche 500 Dosen bestellt, am Donnerstag kamen dann 50 Stück." Schwierig sei es, wenn Ärzte entscheiden müssen, wer wegen einer chronischen Krankheit bevorzugt werden sollte - viele Impfwillige sind keine Stamm-Patienten, ihre Krankheitsgeschichte ist nicht bekannt.

Dr.KambizAmraie, Internist

In der Praxis des Internisten Dr. Kambiz Amraie sind bereits Impftermine bis Mitte Dezember vergeben. "Es gab viele Verzögerungen bei den Lieferungen", sagt auch er. In der nächsten Woche kann er gar nicht impfen, weil er keine Dosen hat - und muss deshalb etwa 100 Menschen wieder nach Hause schicken. "Ich mache mir Sorgen, wie es weitergeht."

Bisher wurden 9000 Dosen an die impfenden Ärzte in Neuss ausgeliefert, bestellt wurden viel mehr. Im Kreisgebiet waren es 29 000 Dosen, es liegen aber Bestellungen für 35 000 Impfungen vor.

"Die Situation bei den Ärzten ist teilweise dramatisch", sagt Siegfried Hauswirth, Leiter der Gesundheitsaufsicht im Kreis. "Die Mediziner stöhnen, weil die Patienten ihnen die Türen einrennen." Deswegen hat auch Landrat Hans-Jürgen Petrauschke in einem Brief an das NRW-Gesundheitsministerium wegen der hohen Nachfrage um die Zuteilung von größeren Impfrationen für den Kreis gebeten. Am Donnerstag gab es 143 Verdachts- und Erkrankungsfälle in Neuss. Verdachtsfälle müssen nun allerdings nicht mehr gemeldet werden

Täglich rufen bei Hauswirth auch Schulleiter an, die melden, dass zwei bis drei Schüler erkrankt sind. Die Schulen bleiben trotzdem offen. "Sie komplett schließen zu lassen, ergibt keinen Sinn", sagt Hauswirth. "Sonst müssten sie für ein halbes Jahr geschlossen bleiben, weil es immer wieder neue Fälle gibt." Die betroffenen Schüler würden einfach zuhause bleiben.

Hauswirth empfiehlt, ruhig zu bleiben: "Bei der Impfung kommt es nicht auf eine Woche mehr oder weniger an." Rein rechnerisch ergebe sich, dass sich viele Impfwillige erst im März schützen lassen könnten.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort