Im Alter in der Wohnung bleiben

Eine Agentur unterstützt Senioren, die den Umzug in ein Heim vermeiden möchten.

Rhein-Kreis Neuss. Im Alter so lange wie möglich in den eigenen vier Wänden bleiben — wer möchte das nicht? Hilfestellung soll nun eine Wohnberatungsagentur für Senioren geben, die der Kreis zusammen mit dem Caritasverband ins Leben gerufen hat. Seit Anfang Oktober stehen dafür drei Sozialarbeiterinnen in Neuss und Grevenbroich zur Verfügung.

Rund 91 000 Menschen über 65 Jahren leben im Kreisgebiet, Tendenz steigend. Anders als noch vor Jahrzehnten ist das Zusammenleben von mehreren Generationen unter einem Dach eher die Ausnahme. Viele Senioren leben allein, können nicht auf Hilfe aus der Familie zurückgreifen.

Ab ins Heim? Nicht nur Caritas-Vorstand Norbert Kallen erlebt immer wieder, wie Betroffene vor diesem Schritt zurückschrecken. Stattdessen kommt regelmäßig die Frage: „Wie kann ich mein eigenes Umfeld so gestalten, dass ich dort weiter wohnen kann?“

An dieser Stelle soll die neue Beratungsagentur ansetzen. Die zur Hälfte vom Land finanzierte Einrichtung ergänzt die bereits bestehende kreisweite Seniorenberatung. Etwa, wenn Angehörige bemerken, dass Medikamente oder Mahlzeiten nicht regelmäßig eingenommen werden. Oder wenn Betroffene sich selbst hilfesuchend an die Agentur wenden.

In all diesen Fällen vermitteln die Mitarbeiterinnen pflegerische Unterstützung und Tipps für einen altersgerechten Umbau der Wohnung. Dabei arbeiten sie eng mit Ingenieuren und Architekten zusammen.

Manchmal helfen schon Kleinigkeiten, etwa das Vermeiden von Stolperecken, erklärt die Architektin Ines Manolias, die das Projekt als Fachberaterin unterstützt. Oft sind auch größere Umbauten sinnvoll, etwa die Verbreiterung von Türrahmen für Rollstuhlfahrer und Benutzer von Rollatoren oder der Einbau eines Aufzugs im Wohnhaus. Bei Besuchen vor Ort klärt die Fachfrau, welche Maßnahmen Erfolg versprechen und wie sie sich finanzieren lassen. Weiter berät die Agentur in Fragen zu Wohngemeinschaften oder einem möglichen Umzug ins Betreute Wohnen. Ein Patentrezept für altersgerechtes Wohnen gibt es jedoch nicht, sagt Manolias. Vielmehr gehe es für die Berater um lauter Einzelfällen. Beispielsweise hätten Gehbehinderte andere Wohnbedürfnisse als Blinde oder Menschen mit Demenz.

Heimplätze sind indes wenig beliebt bei alten Menschen und teuer für den Kreis. Hatte der Kreis für dieses Jahr 20 Millionen Euro für stationäre Pflege veranschlagt, rechnen Haushaltsexperten nun mit Mehrausgaben von 3 Millionen Euro.

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