Herbert Napp wagt den Blick in die Zukunft von Neuss

Beim Bleigießen in seinem Büro wagt der Bürgermeister auch eine Prognose zu seinem Amtsnachfolger.

Neuss. Im Sternzeichen Waage geborene Menschen wie Bürgermeister Herbert Napp gelten als respektvoll, aufmerksam und gerecht aber auch als launisch, eitel und unentschlossen. Als typischer Waage-Mann hält er nichts von Horoskopen: „Die sind immer so schön formuliert, das passt auf alles“, hat er festgestellt. Aber darf jemand, der wie der Bürgermeister Verantwortung für ein großes Gemeinwesen trägt, die Chance ungenutzt verstreichen lassen, wenn er einen Blick in die Zukunft werfen kann? Er darf nicht. Und so ließ sich Napp erstmals auf den Silvesterbrauch des Bleigießens ein.

Beruf Der erste Bleiklumpen, den Napp aus dem Wasser fischt, lässt viele Deutungen zu. Napp legt sich fest: Perle. Denn wenn er im Oktober das Rathaus als Pensionär verlässt, sagt er, „muss ich mich von meiner größten Perle im Vorzimmer trennen.“ Napp freut sich für seinen Nachfolger, denn: Susanne Schöpkens arbeitet weiter im Bürgermeisterbüro.

Glück Was als Herz aus Blei über der Kerze eingeschmolzen wurde, gerinnt dem Bürgermeister zu etwas Zerbrechlichem: „Fragil — aber zusammen“, sagt Napp, der die Figur sehr persönlich deutet: Die Ehe mit Frau Christiane hält, und alle gegen ihn erhobenen Vorwürfe werden fallen gelassen. „Der Landrat“, sagt Napp, „hat mich ja schon freigesprochen.“

Gesundheit Die kreisrunde Uhr aus dem Supermarkt-Set für Bleigießer schmilzt das Schicksal durch Napps Hand in eine Art Kometen um, lang und sehr schmal. „Meine Lebenslinie“, sagt Napp. „Schön lang.“ Er komme aus einer Familie mit einer hohen Lebenserwartung, sagt der 68-Jährige. „Meine habe ich mir aber noch von keinem Chefarzt ausrechnen lassen“, fügt er mit einem kleinen Seitenhieb auf CDU-Bürgermeisterkandidat Thomas Nickel hinzu, dem ein Wochenblatt die Schlagzeile widmete: „Professor stellt späten Tod in Aussicht“.

Nachfolge Nachdem Napp das Blei-Orakel dreimal in eigener Sache befragt hat, will er nun die Zukunft der Stadt erfahren. Erste Frage: Wer wird im September Bürgermeister? Der Klumpen, zu dem die eingeschmolzene Krone im Wasser gerinnt, ähnelt einer schlanken Figur — oder einem Golfschläger. Damit ist die Wahl entschieden: Nickel macht‘s. „Es wird kein Kleiner, der nicht mehr wachsen kann“, sagt Napp in Richtung des SPD-Kandidaten Reiner Breuer. In Richtung von Thomas Nickel ergänzt er: „Ein Dicker kann aber abnehmen.“ Und: Spielt der CDU-Mann nicht sogar schon Golf?

Geld Den Geldsack aus dem Set muss Napp sehr, sehr lange über die Kerze halten. „Das Geld schmilzt nicht dahin“, ist mit Blick auf die städtischen Finanzen Napps erste Deutung. Und die vier Figuren, zu denen das Blei zersplittert, bestärken ihn in seiner positiven Einschätzung: „Wir haben unser Geld gut aufgeteilt, so dass es nicht auf einmal verschwinden kann“, sagt Napp und gibt den „Klümpchen“ Namen: Grundstücksfonds, Innenstadtfonds... Der größte Brocken aber steht für ihn selbstverständlich für „kräftig sprudelnde Einnahmen“ — auch im nächsten Jahr.

Die Stadt Zeit, eine allumfassende Schlussfrage an das Blei-Orakel zu richten: Was hält das Jahr 2015 für Neuss bereit? Drei Splitter deutet Napp als „viele schöne Feste“, ein kleiner Wal wiederum kann nur bedeuten, „dass Neuss auch 2015 ein wirtschaftliches Schwergewicht bleibt“. Rätsel gibt erst ein fünftes Element auf, doch dann kommt Napp schlagartig die Erleuchtung: „Ein Schild — zur Abwehr eines größeren Übels“. Von wem das ausgehen könnte, oder sogar zu erwarten sein muss, ist für Napp eine Frage, die sich aus städtischer Perspektive quasi selbst beantwortet: „Vom Kreis.“ Natürlich.

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