Grevenbroich - Noch 100 Tage: Trotziger Rückzug aus dem Amt

Nach fünf Jahren als Bürgermeister in Grevenbroich zieht Axel Prümm Bilanz.

Grevenbroich. Natürlich ist 100 nur eine Zahl. Eigentlich sind es ja auch noch 103 Tage bis zum Ende seiner Amtszeit am 20.Oktober - doch Bürgermeister Axel Prümm hat seine persönliche Bilanz längst gezogen und will sich schon bald als Vorstand neuen Aufgaben in der Wirtschaft stellen.

Fünf Jahre auf dem Chefsessel im Rathaus sind für den 52-Jährigen bald vorbei. Zeit, zu resümieren, was er in seiner Amtszeit auf den Weg gebracht hat - oder auch nicht.

Er gehe mit zwei weinenden Augen, sagt Prümm betrübt: "Ich verlasse das Amt unvollendet", so die Selbsteinschätzung des sonst so selbstbewussten Bürgermeisters. Dass der Job viel Zeit und Energie erforderte, habe ihm nichts ausgemacht.

Doch wie schwierig und langwierig das Geschäft sei, habe er gehörig unterschätzt. "Ich habe mit dem Anspruch hier angefangen, mir einen Traumjob zu schaffen. Doch ich muss es mir nicht antun, gegen solche Widerstände anzugehen", erklärt er trotzig.

Er habe sich um den Dialog mit allen Parteien bemüht, doch Unterstützung für seinen Kurs blieb ihm oft versagt. Vor allem der Rückhalt aus der eigenen Partei - wie etwa bei der strittigen Wiederwahl von Dezernentin Barbara Kamp - habe gefehlt, so der CDU-Mann. Zurückgeben will Prümm sein Parteibuch aber nicht.

"Bürgermeister für alle Grevenbroicher" wollte er werden, so hatte es Prümm angekündigt, das habe er auch geschafft: "Man muss die Fähigkeit entwickeln, zuzuhören. Dem Bürger ein Ohr schenken - und schließlich differenzieren, was für den Einzelnen und was für die Gemeinschaft wichtig ist."

Zwar habe er sich als "Bürgerlehrling" und Neuling in der Politik und Verwaltung zuweilen einen Vertrauten gewünscht, doch die Art, wie der frühere Bürgermeister Hans Gottfried Bernrath (SPD) das Amt ausgeübt habe, habe ihn inspiriert. Er sei ein großes Vorbild gewesen.

Die neue Rolle werde einem erst im Amt bewusst, sagt Prümm. Mit Herzblut und viel Enthusiasmus sei er im neuen Job gestartet. Tricks und Finten der Verwaltung kannte er nicht. Als Macher sieht er sich gern und fühlt sich doch so manches Mal von den Verwaltungsmitarbeitern allein gelassen.

Doch Prümm kann zufrieden mit sich sein, zwar hat er nicht alle Klippen umschifft, trotzdem Sympathien gewonnen und viele Dinge angetrieben. Als unruhiger Geist und ehemals erfolgsverwöhnter Verlagschef hat er sich um Effizienz bemüht.

Bei aller Dynamik, gescheitert ist Prümm an der großen Aufgabe, in Grevenbroich ein neues Schwimmbad zu bauen. "Das war ein Reizthema, es schmerzt mich persönlich", räumt er ein. Ein Badneubau in Neurath mit einem privaten Partner sei der richtige Weg gewesen, davon ist Prümm auch heute noch überzeugt. "Ich habe die Sorge, dass jetzt auf alle Zeiten die Chance verspielt worden ist, ein neues Bad zu bekommen."

Die Sparmaßnahmen zur Konsolidierung des Haushalts zählt Prümm zu seinen Erfolgen: Teils begünstigt durch die gute wirtschaftliche Lage ist es ihm gelungen, den Schuldenberg um 66Millionen Euro abzutragen. "Grevenbroich zahlt heute vier Millionen Euro weniger Zinsen im Jahr als früher."

Die Senkung der Gewerbesteuer oder die Zusammenlegung von Sportplätzen hätte er gern noch angepackt. Weiterverfolgen will der Gustorfer in den letzten 100 Tagen noch den Rathausverkauf an die 100-prozentige Stadttochter SEG.

Prümm hat geackert in den vergangenen fünf Jahren, hat kleine Schützenfeste ebenso besucht wie große Unternehmen; der direkte Kontakt war ihm wichtig. Ein Mann, der gern persönlich zum Geburtstag gratuliert.

Über mangelnde Arbeit konnte sich der Ruhelose jedenfalls nicht beklagen. Freizeit blieb kaum, dafür aber Zeit, um seine Doktorarbeit und ein Buch zu schreiben. Wann genau es veröffentlicht wird, weiß der Rathauschef noch nicht. Nur so viel, es geht um Politikverdrossenheit. "Ich will dem Leser erklären, warum ich nicht mehr für eine weitere Amtszeit antrete."

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