Grevenbroich: Naturschauspiel wird zum ewigen Kunstwerk

Skulptur „Permanent lightning“ von Thomas Stricker wird am 28.August eingeweiht.

Grevenbroich. In Zeiten der Schnelllebigkeit ist es schwer geworden, etwas auf Dauer festzuhalten. Nicht nur die Arbeitswelt und die Medien werden schneller. Vieles entsteht einfach nur für einen Moment und ist im nächsten bereits Vergangenheit.

Solch einen Moment von nur einigen Millisekunden einzufangen, war die Initialzündung für den Versuch eines Düsseldorfer Künstlers: Thomas Stricker hat in seiner Skulptur etwas festgehalten, "was nicht festzuhalten ist". Es scheint ihm gelungen zu sein. Der 46-Jährige hat den Grevenbroicher Sparda-Kunstpreis mit 100 000 Euro Preisgeld für seine Blitz-Skulptur gewonnen.

Im Eingangsbereich des Stadtparks wird der Blitz am Freitag, 28.August, eingeweiht. Die 13 Meter hohe Stahlskulptur heißt "permanent lightning" und ist als dreidimensionales Kunstwerk für Besucher begehbar.

Fotografien natürlicher Blitze dienten dem Künstler als Vorbild. Neuheit: Das menschliche Auge nimmt einen Blitz in der Natur - und erst recht auf einem Foto - immer nur zweidimensional wahr. Doch der Skulptur-Blitz besteht aus vielen stählernen Adern, zwischen denen die Besucher herumgehen können - das eingefrorene, materialisierte Naturschauspiel über den Köpfen.

"Ich wollte eine Beruf ergreifen, in dem es eine Rolle spielt, was ich denke und wie ich empfinde", erzählt Stricker. Er setzt sich bei seiner Arbeit immer wieder aufs Neue mit der Welt auseinander. Es zieht ihn von Skulptur zu Skulptur, "der rote Faden entsteht erst hinter mir".

"Im Jahr entwerfe ich etwa drei bis vier Konzepte. Davon werden dann ein bis zwei Projekte realisiert", berichtet der Künstler. Es sind umfangreiche Projekte, an denen Stricker oft mehrere Monate sitzt.

Der Künstler arbeitet zunehmend draußen. Vor Beginn der Arbeit schaut er sich die Örtlichkeiten an, wo sein Werk später stehen soll. Davon wird auch seine Materialauswahl bestimmt. Ob Gips, Stahl, Styropor, Beton - Stricker arbeitet mit vielen Stoffen. Gern integriert er sie in Bestehendes, Alltägliches.

Der Meisterschüler des Bildhauers und Professors Klaus Rinke will "den Raum, deren Türen die Künstler-Avantgarde um Beuys und Co. aufgestoßen hat, nutzen". Sein Arbeitsfeld ist bewusst offen. Stricker will sich nicht in kunsthistorische Schubladen stecken lassen.

Mit Pauli Landschaftsarchitekten hat der Bildhauer einen europaweiten Wettbewerb für das Bundesarchiv Berlin gewonnen. 2011 wird die Arbeit in Berlin realisiert. Es handelt sich um muschelartige Betonkorallen (siehe Foto). "Irgendwo zwischen Fiktion und Fossil bewegen sich diese Arbeiten", so Stricker.

1999 ließ er einen großen Meteoriten in einem Baum fallen. Den Baum hatte Stricker extra gepflanzt, er wird um den von Trägern gestützten Meteoriten herum wachsen. Das Werk heißt "Und sie dreht sich doch" und zählt zur "drop sculpture" (etwa: vom Himmel gefallene Skulptur).

Auf dem Atelier-Schreibtisch liegt das Konzept für den Blitz. Neben Strickers Erläuterungen zu Idee und Visualisierung ist eine Börsentafel abgebildet. Der Verlauf auf der Tafel ist schockierend: "Als ich meinen Entwurf einreichte, sank gerade der Dax in den Keller", erinnert er sich. Auch das war für Stricker eine Art "Blitz", der ihn inspirierte.

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