Grevenbroich: Leben in der Ordnung des Verwaltungsalltags

Jan Beumelburg ist mit dem Kunstpreis 2008 der Galerie ausgezeichnet worden.

Grevenbroich: "Bringen Sie endlich wieder Leben in Ihre Ordnung!", fordert Jan Beumelburg. Aber wie soll das gehen? Beumelburgs Vorschlag: Einen Aktenordner an die Wand hängen und durch Anbringen einer Sitzstange zum Vogelhäuschen umfunktionieren, das Loch im Rücken wird zum Einschlupf.

Den Gegenständen des tristen Verwaltungsalltags neue Bedeutungen zu geben, das ist Programm des Künstlers Beumelburg. Die Ergebnisse sind vielgestaltig, neben Zeichnungen und Fotografien gehören Objekte und Installationen zu seinem Oeuvre.

Am Montag wurde Jan Beumelburg mit dem Kunstpreis 2008 der Galerie Judith Dielämmer ausgezeichnet. Damit ist er der vierte Träger "der Appelkitsch", wie die Auszeichnung liebevoll genannt wird. Die Gestaltung der Trophäe übernimmt jedes Mal ein anderer Dielämmer-Künstler, diesmal war Gereon Riedel an der Reihe.

Als erster Preisträger kommt Beumelburg nicht aus der Region. Geboren 1965 in der Nähe von Hannover, studierte er in Braunschweig Freie Kunst und arbeitete später für das Staatstheater Braunschweig und das Schauspiel Frankfurt/Main.

Seit 1994 lebt er als freischaffender Künstler in Brandenburg, wo er seit 1998 sein "Amt für Kunst + Wandel" betreibt. Für die künstlerische Ein-Mann-Behörde hat sich Brandenburg als wahre Fundgrube erwiesen. "Dort habe ich noch viele alte Fabriken und Reste einer verschwindenden Industriekultur gefunden", sagt Beumelburg.

Diese Stücke sammelt er mit beinahe archäologischer Akribie, um sie mit anderen zu kombinieren und letztlich seiner persönlichen "Enzyklopädie" hinzuzufügen.

Beispielsweise die Bürsten und Schachteln, die Beumelburg fein säuberlich in Schubladen anordnet. Die Ähnlichkeit mit der Käfersammlung eines Naturforschers ist verblüffend. Eine fotografische Dokumentation der Arbeit ist derzeit in der Galerie auf der Königstraße zu sehen.

Dass dies nicht nur mit Gegenständen, sondern auch mit der Sprache funktioniert, beweist der Künstler mit seinen ebenfalls ausgestellten "Märchen aus dem Verwaltungsapparat". Dafür hat er die bekannten Texte von Grimm & Co. an den passenden Stellen mit behördlichen Stempeln versehen.

Mit dem Stempel "Belegexemplar" etwa kennzeichnen Bibliotheken bestimmte Bücher, die sie pflichtgemäß von Verlagen bekommen. Eine ganz andere Bedeutung gewinnt das Wort indes, wenn es um die Prinzessin auf der Erbse geht.

Mehr Vorgänge aus Beumelburgs Verwandlungsamt wird die Galerie dieses Jahr in einer Einzelausstellung zeigen, versprach Anna Neumann in ihrer Laudatio: "Das ist amtlich. Einladung auf dem Dienstweg."

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