Gericht zieht Zwischenfazit beim Prozess um Messerstiche

Richter sehen Widersprüche in den Darstellungen.

Gericht zieht Zwischenfazit beim Prozess um Messerstiche
Foto: Archiv

Neuss. Im Prozess um die beinahe tödlichen Messerstiche auf zwei Mitarbeiter eines Schrotthandels auf der Duisburger Straße im Neusser Hafen hat das Gericht jetzt ein Zwischenfazit gezogen. Richter Rainer Drees geht zwar von einem Tötungsvorsatz beim Angeklagten aus, vermutet aber gleichzeitig, dass der Grevenbroicher letztlich freiwillig von seinen Opfern abgelassen hatte.

Der 60-jährige Gustorfer hatte am Tattag die Kündigung erhalten und wollte offenbar die beiden Arbeitskollegen zur Rede stellen. Daraufhin kam es nach Schilderung aller Beteiligter in den Bürocontainern des Schrotthandels zu einem heftigen Tumult. Die Darstellungen gehen jedoch massiv auseinander. „So passen die Schilderungen von einem der beiden Opfer nicht zu dem, was eine Überwachungskamera aufgezeichnet hat“, zeigte sich Richter Drees skeptisch. Auch sein ebenfalls verletzter Kollege habe das Geschehen anders dargestellt. „Trotz dieser Widersprüche gehen wir davon aus, dass der Angeklagte zumindest mit bedingtem Tötungsvorsatz gehandelt hat“, so Drees. „Beide Opfer sind schließlich lebensgefährlich verletzt worden. Außerdem ist wohl der Satz gefallen: ,Du bist tot.’“ Unklar sei allerdings, wie das Geschehen an der Duisburger Straße zu Ende gegangen sei. „Wir fragen uns: Warum hat der Angeklagte den Bürocontainer verlassen, obwohl er noch weiter auf die Männer hätte einstechen können?“ Es sei möglich, dass der Angeklagte freiwillig seine Tat abgebrochen habe.

Alles in allem deutete das Zwischenfazit des Gerichts darauf hin, dass der Angeklagte wohl nicht mit einer Bestrafung zu rechnen hat, die im oberen Bereich des Möglichen (bis zu 15 Jahre Haft) liegt. „Unsere Mandanten haben mit den Folgen der Tat nach wie vor zu kämpfen“, berichten die Anwälte der beiden Opfer. „Sie können auch nicht nachvollziehen, dass sich der Angeklagte auf freiem Fuß befindet.“ Offenbar hat der Sohn des Beschuldigten 50 000 Euro Kaution bezahlt. „Sollte jetzt noch ein mildes Urteil folgen, wäre das für die Opfer schwer zu ertragen“, so die Anwälte. Der Prozess wird am 11. Dezember fortgesetzt.

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