Gastronomen gegen Farbvorschrift

Die Stadt hat einen umstrittenen Leitfaden mit Empfehlungen zu Schirmfarben für die Außengastronomie vorgelegt.

Gastronomen gegen Farbvorschrift
Foto: Christoph Kleinau

Neuss. „Pearl White“, „Light Powder“ oder „Grey White“ sind in der Außengastronomie die Farben der Saison. Und zwar nicht nur dieser, sondern auch aller künftigen. Denn die Stadt will mit einem „Leitfaden Außengastronomie“ Ordnung in die Terrassenwirtschaft der Innenstadt bringen und bei den Sonnenschirmen nur noch dezente Braun-, Grau- und Beigefarben akzeptieren — und wirklich nur in Ausnahmefällen auch mal ein dunkles Rot.

Im Planungsausschuss verteidigte der Beigeordnete Christoph Hölters das Projekt als Versuch, ein auf das Stadtbild abgestimmtes Bild zu erreichen. Schließlich habe die Stadt viel zur Aufwertung der Innenstadt getan und investiert — zuletzt in den Freithof. Doch ließen die Politiker den „Leitfaden“ erst einmal abblitzen. „Was Gastronomen nicht brauchen“, sagt Roland Sperling (Linke), „ist eine städtische Stilberatung.“ Das Gesamtwerk wurde zur Überarbeitung zurückgewiesen.

Michael Erb, Dehoga

Der Versuch, zu steuern, ist nicht neu. Schon bei den Außenwerbeanlagen hat die Stadt eine Satzung verabschiedet. Für Hölters ist der neue Leitfaden der Einstieg in den Dialog mit den Wirten. So unverbindlich ist das bei der Politik aber nicht angekommen. Manfred Bodewig (FDP) liest das Faltblatt als Sammlung von Ge- und Verboten.

Bei den Wirten selbst löst die Ankündigung einer städtischen Stilberatung keinen Freudentaumel aus. Michael Erb, Vize-Präsident des Deutschen Hotel und Gaststättenverbandes (Dehoga) Niederrhein, betont, dass „Gastronomen schon genug reglementiert sind“. Er finde ein buntes Erscheinungsbild schön und wirbt aus diesem Grund auch dafür, den Wirten die Möglichkeit zu belassen, ihre Individualität und Kreativität ausleben zu können. Sie seien bereits von sich aus motiviert, auf Sauberkeit und ein ordentliches Bild ihrer Terrassen zu achten.: „Sonst bleiben die Kunden weg.“

Michael Mylord, Wirt im Frankenheim und Vorsitzender der Initiative Neusser Innenstadt-Gastronomie, denkt in die gleiche Richtung. „Ich hoffe, wir behalten mehr Freiheiten als die Kollegen etwa in Dresden“, sagt er. Dort seien nur eckige Schirme in beige erlaubt. Vor allem aber hofft er, dass die Stadt das beabsichtigte Werbeverbot auf Schirmen und Stühlen nicht weiterverfolgt. Vielfach würden die Schirme den Wirten von der Brauerei leihweise zur Verfügung gestellt — natürlich mit Werbung. Müssten die Wirte diese selbst anschaffen, wäre das bei Stückpreisen zwischen 600 und 1200 Euro eine erhebliche finanzielle Belastung.

Aber soweit kommt es vielleicht nicht. Denn Sascha Karbowiak (SPD) argumentierte: „Das geht an der Realität vorbei“. Man müsse nicht alles reglementieren. Und Sven Schümann (CDU) ergänzte, man solle Werbung nicht generell verbieten — wenn sie dezent bleibt.

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