Gänseei vor der Wiederentdeckung?

Peter Eßer hat 4.000 Tiere auf seinem Hof. Gänseei-Kochkurs im November.

Rhein-Kreis Neuss. Schon am Ortsschild Ramrath hört man sie schnattern: Mehr als 4.000 Gänse tummeln sich auf den Maisfeldern rund um den Hof von Peter Eßer, dem "Gänsepeter". "Wir sind auf Gänse spezialisiert", sagt der Landwirt, der mit schweren Schritten auf eine Gruppe von Gänsen zustapft, die laut protestierend und mit gereckten Hälsen im Zick-Zack laufen.

Schnell greift Peter Eßer eine am Hals. Mit festem Griff hebt er das Tier hoch und beginnt es zu kraulen. Der Gans scheint das zu gefallen. Sie hält still.

"Stress ist das Schlimmste, was man Gänsen antun kann", sagt der Landwirt. "Wenn man einen Motorflieger über dem Feld hört, geht es richtig zur Sache." Eine Massenhysterie breche aus. "Das Problem ist das Gruppenverhalten der Gänse. Da ist ein Zaun nicht mehr viel wert. Die ersten rennen los, sammeln sich am Zaun und der Rest klettert einfach darüber", sagt er.

Angefangen hat alles als Hobby: "Ein Hobby, mit dem man auch ein bisschen Geld verdienen kann." Es waren 20 bis 30 Gänse. Und dann kam eines zum andern: "Ich habe die richtigen Leute kennengelernt, Kunden und Züchter", sagt Eßer.

Mittlerweile sind die Gänse aus seinem Leben nicht mehr wegzudenken. Auch an den Lärm hat er sich längst gewöhnt. Das sei "als ob man an der Autobahn wohnt. Irgendwann hört man es nicht mehr." Gänse sind für ihn ganz besondere Tiere.

"Sie können viel, wenn sie einmal wissen, wie es geht", betont der Tierhalter, gibt aber zu: "Bis dahin ist es ein langer Weg. Zum Beispiel, wenn sie durch ein Tor gehen sollen. Da sind sie unglaublich stur. Ich bin ein geduldiger Mensch. Die Gänse schaffen es dennoch, dass mir ein ‚Du blöde Gans’ herausrutscht."

Gänsemastbetriebe gibt es einige im Rhein-Kreis Neuss. Aber eines macht den Gänsepeter zu etwas Besonderen. Er verkauft Gänseeier. "Die haben am Niederrhein Tradition." Der Kreis sei allerdings ein Randbereich. "In Köln und Düsseldorf sind die Eier als Delikatesse schon eher bekannt."

Dabei seien die Eier unglaublich lecker. "Im Geschmack kräftiger als ein Hühnerei. Und die Konsistenz des Eiweiß im gekochten Zustand ist körniger und glasiger." Eßer isst das Ei am liebsten gekocht, "ohne Schnickschnack." Für Allergiker sei es eine wunderbare Alternative zu einem Hühnerei, da das Eiweiß anders aufgebaut ist.

Bei Familie Eßer gibt es aber keineswegs jeden Morgen ein Gänseei. "Die Menge ist nicht zu unterschätzen: Ein Ei wiegt 200 Gramm, das sind etwa dreieinhalb Hühnereier", erklärt der Fachmann.

Der Respekt vor den Tieren auf dem Hof ist groß. Deshalb versucht die Familie, die gesamte Gans zu verwerten. "Wir verkaufen das Fleisch, die Eier und stellen selber Kissen und Oberbetten her. Gerade ist ein großer Reinigungsraum eingerichtet worden, in dem die Daunen gewaschen und für die Füllung vorbereitet werden.

Bezüglich der Eier ist es Eßer wichtig, die Tradition zu erhalten. "Viele junge Menschen wissen nicht, dass man sie verzehren kann." Deshalb veranstaltet die Familie Hoffeste, bei denen das "niederrheinische Gänseei" vorgestellt wird. In Kochkursen lernen die Teilnehmer, Spezialitäten zu kochen, und erfahren "wissenswerte und amüsante Hintergründe zum Gänseei". So gerate es wohl nicht in Vergessenheit, ist sich Esser sicher.

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