Frau im Arbeitsleben: Kreis lotst in den Beruf zurück

Mit einem Ratgeber soll Frauen der Wiedereinstieg in den Job erleichtert werden. So will der Kreis Fachkräfte reaktivieren.

Rhein-Kreis Neuss. Der Beruf Mutter auf Lebenszeit ist Auslaufmodell. Die aktuelle Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt ändert die Sichtweise auf die Frau mit Kind. Diese soll — so zumindest der Wunsch von Rhein-Kreis Neuss und Gleichstellungsbeauftragten — nicht mehr als Ausgeschiedene aus dem Berufsleben gelten, sondern viel mehr als inaktive Fachkraft.

Norbert Kothen, Leiter des Technologiezentrums Glehn, schätzt, dass sich die Zeit, die Frauen nach einer Geburt zu Hause bleiben, künftig auf drei bis vier Jahre verringern wird. Momentan liege der Schnitt bei fünf bis sieben Jahren Auszeit. Die Verkürzung soll dem Fachkräftemangel entgegenwirken. Kothen sagt: „Dadurch könnte man dem Arbeitsmarkt 300 bis 400 zusätzliche Fachkräfte zur Verfügung stellen.“

In der Praxis ist die Rückkehr alles andere als leicht. Dass der Pfad zurück in die Arbeitswelt oftmals ein Irrweg durch die verschiedenen Anlaufstellen und Ämter sein kann, ist auch dem Kreis bewusst. Genau diese Odyssee soll den Wiedereinsteigerinnen künftig erspart werden, und zwar dank des Ratgebers „Lotsenwerk Wiedereinstieg“.

Dahinter verbirgt sich ein 260-Seiten-Werk, das in 100 Exemplaren an die verschiedenen Angebotsträger im Kreis verteilt wurde, an die sich Wiedereinsteigerinnen — und auch die Minderheit an Wiedereinsteigern — werden können. So sollen Anlaufstellen wie das Technologiezentrum, die IHK oder die Volkshochschulen einen Wegweiser in der Hand haben, durch den sie Frauen unnötige Wege ersparen können. Das Werk kennt die richtigen Ansprechpartner im Kreis für Themenfelder wie Weiterbildung, Förderanträge oder Kinderbetreuung. Zudem gibt es einen Überblick über Rahmenbedingungen wie Zuständigkeiten oder erforderliche Unterlagen.

Grundlage für das Lotsenwerk war eine Fachtagung im vergangenen Jahr. Das Land hat die Veranstaltung und das gedruckte Resultat mit 10 000 Euro gefördert.

Norbert Kothen prognostiziert den weitergebildeten Frauen am Ende gute Chancen. Für das Technologiezentrum gelte: „Von den 300 Wiedereinsteigerinnen, die wir bislang qualifiziert haben, haben rund 200 Arbeit gefunden.“ Der Weg gehe jedoch nur über eine eben solche Weiterbildung und anschließende Praktika als Ergänzung.

Herta Peters, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Kaarst, findet den Wiedereinstieg gerade in der heutigen Zeit wichtig. „Nicht alle Ehen halten bis zum Lebensende. Wenn die Frau sehr lange nicht gearbeitet hat, ist die Armut im Alter programmiert.“ Daher vermittelt Peters in ihren Beratungen auch ungern 400-Euro-Jobs. Doch manchmal müssen Frauen diesen Umweg gehen. „Daraus kann sich dann später einmal etwas entwickeln.“

Das Lotsenwerk kann auch über das Internet heruntergeladen werden: www.kompass-wiedereinstieg.de

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