Flüchtlinge: Rat diskutiert überAusgabe von Gesundheitskarten

Mit der Gesundheitskarte könnten Asylbewerber ohne Schein vom Sozialamt zum Arzt gehen.

Flüchtlinge: Rat diskutiert überAusgabe von Gesundheitskarten
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Neuss. Flüchtlinge in Neuss könnten ab dem kommenden Jahr eine Gesundheitskarte bekommen und damit ohne großen Aufwand zum Arzt gehen. Voraussetzung ist, dass die Stadt Neuss einer Vereinbarung des Landes NRW und den Krankenkassen beitritt. Genau das fordern die Linken in einem Antrag für die Ratssitzung am kommenden Freitag. Der Stadtverordnete Vincent Cziesla spricht von einem „diskriminierungsfreien Zugang zur Gesundheitsversorgung“.

Mit diesem Ansinnen sind die Linken nicht allein, auch die Grünen wünschen sich dies schon lange. „Mir gefällt der Antrag, aber dafür muss man eine Mehrheit finden. Dafür brauchen wir eine sorgfältige Prüfung“, sagt Susanne Benary-Höck (Grüne), Vorsitzende des Sozialausschusses. Derzeit müssen Flüchtlinge mit Gesundheitsproblemen in Neuss noch einen Behandlungsschein im Sozialamt beantragen, bevor sie zum Arzt können.

Das Ansinnen war in einem ersten Anlauf im Sommer gescheitert, als eine Gesundheitskarte nach dem „Bremer Modell“ in Neuss diskutiert — und wieder verworfen wurde. Neu ist nun aber, dass es eine Rahmenvorgabe des Landes gibt. NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) hat Ende August eine Vereinbarung mit einer Reihe Krankenkassen unterzeichnet, die es Städten und Gemeinden ermöglicht, für zugewiesene Flüchtlinge (also denen in städtischen Unterkünften) sofort eine Gesundheitskarte bei einer Krankenkasse zu beantragen. Bisher bekommen Asylbewerber erst nach 15 Monaten in Deutschland die Karte.

Das Modell funktioniert so: Die Krankenkasse übernimmt den Verwaltungsaufwand für die Stadt, reicht die Rechnungen für die Behandlungskosten aber weiter an das Sozialamt. Alle drei Monate rechnet die Kasse mit der Kommune ab, weil die für die medizinische Versorgung von Asylbewerbern aufkommen muss. In der Zwischenzeit überweist die Stadt aber pro versichertem Flüchtling einen Abschlag in Höhe von 200 Euro im Monat an die Krankenkasse — quasi als Vorschuss für die genaue Abrechnung zum Quartalsende. Dafür berechnet die Krankenkasse aber auch eine Verwaltungspauschale in Höhe von acht Prozent. Sie lässt sich die Dienste vom Sozialamt also bezahlen.

In Neuss waren für dieses Jahr Behandlungskosten für Flüchtlinge in Höhe von 600 000 Euro eingeplant, vermutlich werden es mehr werden. Demnach müsste die Stadt fast 50 000 Euro an Verwaltungskosten an die Kassen abführen. „Ich habe den Eindruck, dass der Aufwand, einen Krankenschein im Sozialamt auszustellen, deutlich überschätzt wird“, sagt Sozialdezernent Stefan Hahn. Dem müsse aber gegengerechnet werden, inwieweit Behandlungskosten sinken, wenn nach Kassentarifen abgerechnet wird. „Das sind die rein finanziellen Faktoren“, sagt Hahn. Befürworter der Karte betonen aber noch einen wesentlichen anderen Aspekt. „Es geht um eine diskriminierungsfreie ärztliche Versorgung von Flüchtlingen“, sagt Susanne Benary-Höck.

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