Firma baut Holzhaus für Flüchtlinge

Das Neusser Unternehmen Coenen stellt Unterkünfte für Flüchtlinge her.

Firma baut Holzhaus für Flüchtlinge
Foto: Andreas Woitschützke

Neuss. Wer die Lagerhalle von Christian Coenen im Gewerbegebiet Moselstraße betritt, muss unweigerlich an die russischen Matroschka-Püppchen denken. Deren Prinzip, immer kleinere Versionen einer Puppe ineinanderzustecken, hat Coenen mit Häusern nachgeahmt: In seiner Halle steht ein Haus, und im Haus steht Coenen mit einem Plan des Hauses.

Eigentlich hat diese Hütte nicht viel mit seinem beruflichem Alltag zu tun. Das im Jahre 1882 gegründete Familienunternehmen, das er inzwischen in der vierten Generation führt, kümmert sich in erster Linie um Dinge wie Arbeitsschutz und Dienstleistungen für die Industrie.

Das Portfolio ist so breit, dass man auch nach einigen Erklärungen noch nicht genau sagen kann, wo Coenens Angebote anfangen beziehungsweise aufhören. Seine Firma verkauft Brillen und Waschbecken, hilft bei der Kalibrierung von Gasmasken und kümmert sich darum, dass die Arbeitskleidung von Unternehmen gewaschen wird. Im Grunde ist die Firma Coenen eine Art Mädchen für alles, ein Problemlöser. Und nun will der Chef dabei helfen, die Probleme bei der Unterbringung von Flüchtlingen zu lösen.

Christian Coenen steht in dem Haus in der Lagerhalle und deutet auf die Wände: Sie sind alle aus Holz. „Natürlich sollte die erste Variante immer sein, Immobilien anzumieten“, sagt der Unternehmer. Doch wenn diese Kapazitäten erschöpft seien, brauche es andere Lösungen. Lösungen wie das Nothaus.

ChristianCoenen, Unternehmer

„Wir sind immer an alternativen Unterbringungsmöglichkeiten für Flüchtlinge interessiert“, sagt Stefan Hahn, Integrations- und Sozialdezernent der Stadt Neuss. Der Druck, angesichts immer weiter steigender Flüchtlingszahlen für Lösungen zu sorgen, öffnet Tür und Tor für jede Menge Glücksritter, die versuchen, leichtes Geld zu verdienen, indem sie Wohnraum zur Verfügung stellen oder andere Angeboten machen.

Christian Coenen wehrt sich jedoch gegen den Vorwurf, nur auf das ffiffischnelle Geld aus zu sein. „Mir geht es nicht darum, möglichst viel Geld mit der Situation der Flüchtlinge zu verdienen. Natürlich bin ich Unternehmer und muss Mitarbeiter bezahlen, aber ich bin auch von der Lösung überzeugt und halte sie einfach für besser als die Massenunterkünfte.“

Insgesamt 26 000 Euro kostet eines der Häuser, inklusive Montage, Badezimmermöbeln und Stromanschluss. Das von Coenen errichtete Beispielhaus hat eine Grundfläche von 32 Quadratmetern. Es gibt einen schmalen Flur mit Kochnische, ein Badezimmer und jeweils ein Schlafzimmer für Eltern und Kinder. Innerhalb von vier Wochen könne das Haus geliefert und errichtet werden. „Der Vorteil ist, dass es keine Massenunterkunft ist. Die Flüchtlinge haben hier Privatsphäre“, sagt Coenen.

Schon 300 Kommunen in NRW haben seine Mitarbeiter abtelefoniert. Einige haben sich das Haus bereits angeschaut, bestellt hat es noch keiner. „Wir bekamen oft zu hören, dass wir bereits der 20. Anrufer seien“, sagt Coenen. Denn das Neusser Unternehmen ist längst nicht der einzige Anbieter. „Die Holzbaubranche hat innerhalb kurzer Zeit eine Vielzahl von Konzepten erarbeitet, um Bauaufgaben zur Unterbringung von Flüchtlingen lösen zu können“, heißt es bei der Landesbehörde Wald und Holz NRW.

Immerhin: Bei Coenen gibt es nach Unternehmensangaben inzwischen erste Interessenten, die sich vorstellen könnten, insgesamt bis zu 120 Häuser zu kaufen.

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