Dormagen: Vorbereitung auf ein Leben nach der Sucht

Seit einem Jahr werden in der AHG Klinik im früheren Dormotel Patienten nach ihrem körperlichen Entzug betreut.

Dormagen. "Wir bereiten unsere Patienten darauf vor, wie sie nach ihrem Klinikaufenthalt überleben und dann auch glücklich leben können." Für Günter Mainusch, den Chefarzt der AHG Klinik in Dormagen, ist das der wichtigste Punkt des Konzepts. Seit einem Jahr werden Alkohol- und Medikamentenabhängige im ehemaligen Dormotel nach ihrem körperlichen Entzug auf ihr neues Leben vorbereitet. Neben den Therapien mit Einzel- und Gruppengesprächen und der Arbeit an körperlichen Schädigungen wird deshalb auch auf Bewerbungs- und kognitives Training gesetzt.

Durch größtmögliche Freiheit und Selbstbestimmung - zumindest solange der therapeutische und klinikinterne Ablauf nicht gestört wird - soll es gelingen, dass die Patienten wieder ihr Leben in die Hand nehmen. "Bei Suchtkranken sind oft die Grundbedürfnisse schwer verletzt: Orientierung und Kontrolle, Bindungen, stabiles Selbstwertgefühl sowie Spaß und Lust am Leben", erklärt der Chefarzt.

Diese Grundbedürfnisse bilden die Basis für die von Klaus Grawe entwickelte Neuropsychotherapie, die in der Dormagener Klinik angeboten wird. Bisher ist diese Therapieform in Deutschland eher selten, dabei erreicht die AHG-Klinikgruppe eine Erfolgsquote von 50 Prozent langfristig abstinenter Patienten. "International sind das Topwerte, die andere Erfolgsquoten mitunter um das Doppelte übersteigen", freut sich Mainusch.

Seit der Eröffnung der Klinik im August 2008 wurden 290 Patienten aus ganz Deutschland behandelt. Schwerpunkt der Klinik ist allerdings Nordrhein-Westfalen, denn wie auch die Drogenbeauftragte der Bundesregierung Sabine Bätzing bestätigt: "Vor allem an Kliniken für Alkohol- und Medikamentenabhängigkeit herrscht hier ein Mangel."

Dass die Dormagener Klinik ein etwas anderes Konzept verfolgt als die traditionellen Suchttherapien und Reha-Einrichtungen, findet sie wichtig. "Es gibt viele Wege in die Sucht, deshalb muss es auch viele Wege aus der Sucht heraus geben." Vor Eröffnung der Klinik wurden allerdings genau in diesem Punkt Befürchtungen geäußert. Die zentrale Lage der Klinik in der Stadt mit ihren Verlockungen und die Suchtpatienten, dazu der Kontakt zu den Dormagenern - das schien nicht zusammen zu passen.

Die Doppelspitze der Klinik, Günter Mainusch und Verwaltungsdirektor Rodolfo Baumbach, ist sich sicher: Ängste und Befürchtungen haben sich nicht bestätigt, es herrscht eine gute Nachbarschaft, und die Patienten fühlen sich wohl. Zudem wurden mit ansässigen Ärzten und Kliniken der Region sowie den Selbsthilfegruppen schon viele Möglichkeiten zur Kooperation und gegenseitiger Unterstützung gefunden, freut sich Baumbach.

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