Dormagen: Perspektive durch Duale Karriere

Heiner Brand, Andreas Thiel und Christian Fitzek loben bei Podiumsdiskussion das Dormagener Ausbildungs-Modell.

Dormagen. Die Handball-Bundesliga in Deutschland ist eine Zwei-Klassen-Gesellschaft. Das wurde am Mittwochabend einmal mehr deutlich, als der Tabellenführer HSV Hamburg den Drittletzten TSV Dormagen mit elf Toren Abstand besiegte.

Zwischen den beiden Teams liegen Welten - sportlich, vor allem aber finanziell. Und weil der Etat von Meisterschaftsaspiranten wie Hamburg oder Kiel ungleich größer ist als der eines Abstiegskandidaten wie Dormagen, müssen andere Wege beschritten werden, um das Überleben in der höchsten Spielklasse zu sichern.

Im Umfeld des TSV, der sich ab der kommenden Saison Dormagener Handball-Club Rheinland nennt, haben sich öffentliche Partner und Sponsoren das Projekt "Duale Karriere" ausgedacht. Dabei geht es darum, dass dem Verein verbundene Firmen den Spielern Arbeits- und Ausbildungsplätze verschaffen, um ihnen auch nach der aktiven Karriere eine Perspektive zu bieten.

Um dieses Modell publik zu machen (und um nach Möglichkeiten weitere Sponsoren ins Boot zu holen), wurde im Vorfeld der Bundesligapartie gegen Hamburg zu einer hochrangig besetzten Podiumsdiskussion eingeladen. Dabei kam mit Bundestrainer Heiner Brand, dem ehemaligen Nationaltorwart Andreas Thiel sowie dem sportlichen Leiter des HSV Hamburg, Christian Fitzek, geballte Handball-Prominenz zu Wort.

"Dieser Ansatz ist mir durchaus sympathisch", lobte Heiner Brand das Dormagener Modell. Er selbst habe es in der Vergangenheit zwar auch geschafft, Studium und Leistungssport unter einen Hut zu bringen, "Rücksicht wurde aber nicht auf mich genommen, ich wurde behandelt wie jeder andere Student auch."

Das hat sich inzwischen geändert, wie Dormagens Nachwuchsspieler Max Holst bestätigen konnte: "Ob Zivildienst oder Studium, ich werde für den Handball immer freigestellt, auch wenn es Überschneidungen gibt." Dass es in den goldenen Zeiten des deutschen Handballs nicht immer einfach war, zweigleisig zu fahren, weiß auch Andrea Thiel zu berichten: "Ich konnte bei Auswärtsspielen nie lernen, weil im Bus immer gesoffen wurde", scherzte der "Hexer", der rückblickend "im Ernst" meinte: "Auf hohem sportlichen Niveau ist es ganz schwer, an etwas anderes als an Handball zu denken. Das geht nur mit viel Selbstdisziplin."

Christian Fitzek hat beide Seiten kennen gelernt: auf dem Platz und hinter dem Schreibtisch. Aus Erfahrung könne er nur sagen, "Ausbildung ja, Beruf auf keinen Fall. Wer in der Bundesliga in der Spitze mitspielen will, der muss sich voll auf den Handball konzentrieren."

Doch von Hamburger Verhältnissen kann man in Dormagen bekanntermaßen nur träumen. Daher sollte man sich beim DHC Rheinland künftig lieber mit Ideen befassen, die etwa Michael Scharf vom Olympiastützpunkt Rheinland ins Spiel brachte: "Wenn sich ein Unternehmen nur um einen Spieler kümmert, ihn ausbildet, ihm später einen Arbeitsplatz in Aussicht stellt und noch während seiner aktiven Karriere zumindest teilweise sein Gehalt übernimmt, entlastet das den Etat eines Vereins enorm."

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