Die Nervosität weggesungen

Die neunjährige Jolina Seifert aus Norf singt die einzige Kinderrolle in „Evita“.

Neuss. Die Bühne wird nur von einem Lichtkegel erhellt, der auf das Mädchen mit den rot-braunen Zöpfen fällt. Dann singt es „Santa Evita“. „For I love you, tell heaven I‘m doing my best . . .“. Das junge Mädchen auf der Bühne des Musicals Evita, das im Düsseldorfer Capitol Theater Erfolge feiert, ist Jolina Seifert, neun Jahre alt, aus Norf.

„Am meisten aufgeregt war ich vor der Generalprobe“, erzählt Jolina. Die Lösung? „Ich habe die Nervosität einfach weggesungen“ sagt sie und lacht.

Mit den Brettern, die doch die Welt bedeuten sollen, hatte das fröhliche Mädchen bisher nichts zu tun. Bis ihre Großeltern beim Besuch des Musicals Grease ein Plakat sahen, auf dem junge Mädchen für eine Rolle bei Evita gesucht wurden.

Und so nahm Jolina am Casting teil, wurde mit drei anderen Mädchen, die sich bei den Vorstellungen abwechseln, unter 13 Mitbewerberinnen für die einzige Kinderrolle des Musicals ausgewählt. Schon das Casting hat Jolina sehr ernst genommen und sich entsprechend vorbereitet. Mit ihren Eltern sah sie sich den Film Evita, mit Madonna und Antonio Banderas in den Hauptrollen, an. „Damit ich auch wusste, worum es in dem Musical überhaupt geht“, betont sie. Als sie den Text von „Santa Evita“ auf englisch bekam, dachte sie zuerst: „Das schaffe ich nie.“

Aber es hat doch geklappt. An der heimischen Orgel von ihrem Vater Kai Seifert begleitet, hat Jolina jeden Abend fleißig geübt. Das war auch nötig, denn das Lied ist wegen ständig wechselnder Tempi recht schwer zu singen. Und auch im Sing- und Spielkreis der St. Andreas-Kirche, bei dem sie seit vier Jahren mitsingt, hat sie das Lied einstudiert. „Inzwischen kann selbst mein Bruder mitsingen“, meint sie vergnügt. Und der ist erst drei.

Ihre Aufmerksamkeit im Unterricht hat nicht gelitten. Jolina geht in die vierten Klasse der St.-Andreas-Grundschule. Zwar wurde es bei der Generalprobe, die an einem Donnerstag stattfand, schon ziemlich spät. Dafür durfte Jolina am nächsten Tag erst zur zweiten Stunde kommen.

„Die Schule hat eine Einverständniserklärung ausstellen müssen“, erläutert Mutter Seifert. Trotzdem wollen die Seiferts das Entgegenkommen nicht überstrapazieren. Mit ihren Terminen, insgesamt fünf, hat Jolina viel Glück gehabt, denn die meisten sind am Wochenende. Ihre Freunde finden es wunderbar, dass Jolina bei einem Musical mitmacht. Zwei von ihnen sind als Statisten dabei.

Auch hinter der Bühne vertreiben sich die Kinder gemeinsam die Zeit, bis sie mit ihrem Auftritt an der Reihe sind. „Mit einigen der Kinder konnte ich mich schon anfreunden“, meint Jolina. Richtig stolz ist sie darauf, dass auch die Klassenlehrerin sich das Stück ansehen will. Die kleine Sängerin hat zwar auch noch andere Hobbys wie Handball, Malen oder Tanzen. Aber für das Singen hat sie ein besonderes Faible. „Ich möchte gern Sängerin oder Schauspielerin werden“, sagt sie. „Und wenn ich in Musicals mitmachen kann, dann habe ich doch beides.“ Jolinas Eltern wollen sie bei ihren Plänen unterstützen, „solange sie Spaß an der Sache hat“. Aber nur „solange die Schulnoten nicht schlechter werden“ führt Jolina den Satz zu Ende, als ob sie das schon ein paar Mal gehört hätte.

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