Die Feuerwehr kommt oft zu spät

Die Wehr hält Hilfefristen oft nicht ein. Das soll durch Optimierung der Alarmierung und neue Wache besser werden.

Neuss. Acht Minuten nach einem Alarm muss die Feuerwehr mit zehn Mann am Einsatzort sein. Diese Vorgabe macht die Stadt in ihrem Brandschutzbedarfsplan für neun von zehn Fälle. Doch tatsächlich erreicht die Feuerwehr diesen Wert mit 75,9 Prozent nicht annähernd, wie Stadtbrandmeister Joachim Elblinger jetzt der Politik darlegte. Selbst wenn man ihr noch eine Minute dazugibt, werde der so genannte Zielerreichungsgrad mit 87,4 Prozent knapp verfehlt. Nur die so genannte zweite Hilfsfrist — 16 Mann nach 13 Minuten vor Ort — wird in etwa eingehalten. Der Politik gefällt das ganz und gar nicht. „Wenn dieses Ziel nicht eingehalten wird, droht Regress“, sagte Roland Sperling (Die Linke). Dass die Feuerwehr schlicht zu lange braucht, hängt nach Elblingers Darstellung am Verkehrsgewühl. Immer mehr Autos, eine viel größere Parkdichte und die vielen Straßenbaustellen würden den Vorstoß der Wehr aufhalten, sagte er.

Es gibt aber auch selbst gemachte Hemmnisse. Eine halbe Minute glauben die Wehrleitung und Ordnungsdezernent Holger Lachmann noch über ein Feintuning bei Alarmierung und Ausrückevorgang herauskitzeln zu können. Größere Erwartungen verbindet die Feuerwehr mit dem Neubau einer Wache Süd an der Grenze von Weckhoven und Hoisten, wo tagsüber sechs Hauptamtliche stationiert werden sollen. „Diesen Parameter können wir tatsächlich ändern“, sagte Elblinger. Der Bau war schon Teil des zuletzt 2015 aktualisierten Brandschutzbedarfsplanes, doch war die Umsetzung des Projektes lange nicht angegangen worden. Nun aber, nachdem 2017 ein Grundstück für die Wache erworben werden konnte, wird mit Hochdruck daran gearbeitet, Aufgeschobenes nachzuholen. Im Gebäudemanagement wurde eine zusätzliche Ingenieurstelle geschaffen, deren Inhaber nichts anderes tun soll, als den Bau zu begleiten. Einen detaillierteren Bericht dazu kündigt Bürgermeister Reiner Breuer für die Ratssitzung am Freitag an.

Der Zielerreichungsgrad war bei der letzten Überarbeitung des Brandschutzbedarfsplanes von 95 auf 90 Prozent heruntergeschraubt worden. „Hieraus resultiert keine Absenkung des städtische Sicherheitsniveaus“, hieß es schon damals in den Erläuterungen zum Plan. Aber auch die 90 Prozent sind ein Problem. Personalstärke dafür: Zwei Mal zehn Mann — und das rund um die Uhr. Mit den derzeit 71 hauptamtlichen Feuerwehrleuten ist das nicht zu stemmen. Die Stadt müsste aufstocken — das würde auch die Personalkosten in neue Höhen treiben.

Aber das will auch die Politik nicht, die an dem deutschlandweit einmaligen Modell einer „Freiwilligen Feuerwehr mit hauptamtlichen Kräften“ festhält. Das Modell funktioniert dank der Löschzüge der freiwilligen Feuerwehr, die aktuell 304 Aktive zählen — Tendenz steigend. Rein rechnerisch kommt - Haupt- und Ehrenamtliche zusammengenommen — auf 523 Einwohner ein „Blaurock“. Der Frauenanteil im Ehrenamt hat die Quote von 13,2 Prozent erreicht.

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