Clemens-Sels-Museum Neuss Sels-Museum braucht einen Neubau

Neuss. · Analyse Die Sanierung des Museums vor sechs Jahren stieß an ihre Grenzen, nicht jedes Problem ließ sich lösen.

 Das Clemens-Sels-Museum befindet sich am Rande der Neusser Innenstadt im Stadtgarten.

Das Clemens-Sels-Museum befindet sich am Rande der Neusser Innenstadt im Stadtgarten.

Foto: Woitschützke, Andreas (woi)

Angesichts der Planung für das neue Museumsjahr und auch im Rückblick auf das, was schon gezeigt wurde, lässt sich doch schließen: Es ist alles in Ordnung im Clemens-Sels-Museum. Seit der Einführung des Familiensonntags sind die Zuschauerzahlen deutlich gestiegen, mit neuen Führungen (etwa unter dem Motto „Kunst & Knirps“) werden schon früh künftige Besucher ins Haus gelockt, und das Team um Direktorin Uta Husmeier-Schirlitz zeigt mit der alten wie auch mit der künftigen Ausstellungsplanung Phantasie und macht aus der Not eine Tugend, indem es immer wieder auf Themen zurückgreift, die aus der Beschäftigung mit den eigenen Sammlungen in Kunst und Stadtgeschichte resultieren.

Und diese haben es in sich, egal, ob es sich um Kunstwerke der Symbolisten oder Ausgrabungsfunde aus der römischen Vergangenheit der Stadt handelt. In der Qualität sind sie unumstritten, können aber wegen des großen Platzmangels nur im viel zu kleinen Umfang gezeigt werden.

Das Museum wurde vor
gut sechs Jahren saniert

Also: Nichts ist in Ordnung im Clemens-Sels-Museum. Gut sechs Jahre ist es her, dass das Clemens-Sels-Museum saniert wurde. Damals schon fast überraschend, aber wohl auch mit der Einsicht, dass das von Harald Deilmann erbaute Gebäude von 1975 dringend eine Ertüchtigung braucht, um die nächsten Jahre zu überstehen. Rund 1,6 Millionen Euro wurden damals investiert. Aber die Baumaßnahmen haben auch gezeigt, dass jede Sanierung des Baus an ihre Grenzen kommen wird. Das trifft vor allem auf die Heizungsanlage zu, deren Schleifen in den Beton-Wänden so verbaut wurden, dass sie allenfalls punktuell in Ordnung gebracht werden konnten. Mit der Folge, dass Kunst und Menschen in heißen Sommern, wie sie in unseren Breiten immer mehr üblich zu werden scheinen, ordentlich ins Schwitzen geraten. Es ist einem Museum, und schon gar nicht den wertvollen Kunstwerken, zuträglich, dass die Heizung an kalten Tagen nachts hochgefahren wird, tagsüber dann abgeschaltet werden muss, um den Besuchern und noch mehr der Kunst ein erträgliches Klima zuzumuten. Eine klassische Temperaturreglung, wie sie jeder Wohnungsmieter für sich erwarten kann, ist auf diese Weise kaum möglich. Und von einer Klimaanlage, die zum internationalen Museumsstandard gehört und Dauertemperaturen zwischen 18 und 21 Grad sichert, ist gar nicht erst zu reden.

Wechselausstellungen sind demnach vor allem im Herbst und im Winter möglich. Um internationale Leihgeber zu überzeugen, unter diesen Bedingungen Kunstwerke zur Verfügung zu stellen, ist große Überredungskunst der Kuratoren nötig. Zweifellos ist es ein Verdienst von Husmeier-Schirlitz und ihrem Team, dies irgendwie immer wieder hinzubekommen. Aber wie lange klappt das noch? Denn die Bedingungen, unter denen das Haus arbeitet, werden nicht besser. Sondern schlechter. Dank diverser Unterstützung finanzieller Art (auch vom Förderverein des Museums) sind zwar Klimakisten angeschafft worden, so dass einige wertvolle Exponate aus der eigenen Sammlung allen äußeren Einflüssen zum Trotz in der Dauerausstellung gezeigt werden können. Aber schon als es um die Frage von schlichten Klimageräten ging, sah das für die Anschaffung zuständige Gebäudemanagement der Stadt (GMN) alt aus. „Prio 3“ hatte das Projekt noch im Sommer 2019 – bis der Kulturausschuss in einer Anfrage der SPD die Heraufsetzung forderte. Inzwischen gibt es Klimageräte im Clemens-Sels-Museum – was der Besucher kaum überhören kann. Eine Lösung für das Gesamtpaket Museum ist das nicht. Die kann nur ein Neubau schaffen.

Kinder und Jugendliche
besuchen Workshops

Der Wendersplatz ist eine attraktive Alternative, der Hafen könnte eine sein. Und so ganz nebenbei: Damit würde auch eine Bedingung der Gründerin des Clemens-Sels-Museum, Pauline Sels, wieder entsprochen werden: Sie hatte nämlich ihre Schenkung (im Namen ihres verstorbenen Mannes Clemens Sels) von 250 000 Mark verbunden mit der Forderung, „auf einem im Mittelpunkt der Stadt gelegenen Bauplatz“, der „unengeltlich“ von der Stadt zur Verfügung gestellt werde, ein neues städtisches Museum zu errichten.

Zugegeben, das ist lange her. Und was sind schon 100 Jahre (die das Haus vor rund acht Jahren gefeiert hat) für ein Museum? Wenn es nicht mehr lange durchhält wie im Falle des jetzigen Clemens-Sels-Museum, ist das eine lange Zeit. Schlimmstenfalls müsste das Haus geschlossen werden. Vielleicht nur einen (heißen) Sommer lang, vielleicht aber auch für viele Jahre. Und es ist eine Binsenweisheit, dass eine Kulturinstitution, die einmal geschlossen ist, für immer zu bleibt. Dabei ist das Clemens-Sels-Museum nicht irgendein Haus in Neuss. Es ist eine Adresse. Nicht nur in der Kunstwelt und bei Sammlern, die dem Haus immer wieder Werke schenken, sondern mehr noch für den Neusser an sich.

Das zeigen nicht nur die Zahlen, sondern zeigt auch die Struktur der Besucher: Immer mehr Kinder und Jugendliche kommen, um Workshops mitzumachen, die das Museumsteam immer auch in Zusammenhang mit einer aktuellen Ausstellung anbietet. Es wird höchste Zeit, dass das Clemens-Sels-Museum in den Mittelpunkt rückt. Mental und architektonisch, im Bewusstsein aller Politiker und in der Stadt selbst.

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