Einkaufen in Neuss Lage in den Märkten entspannt sich

Neuss. · In Zeiten von Corona ist Einkaufen anders, für Kunden und Angestellte. Hysterie lässt langsam nach.

 Im Edeka am Berghäuschensweg sorgen Flatterband und Grillkohle für den vorgeschriebene Abstand der Kunden zur Fleischtheke.

Im Edeka am Berghäuschensweg sorgen Flatterband und Grillkohle für den vorgeschriebene Abstand der Kunden zur Fleischtheke.

Foto: Andreas Woitschützke

Die Anfangshysterie sei weg, inzwischen seien die Kunden achtsam und verständnisvoll. Die meisten zumindest. Das sagt Johannes Niehsen, Betreiber des Edeka-Marktes am Berghäuschensweg, und fügt hinzu: „Mopperer gibt es immer, auch in normalen Zeiten.“ Normale Zeiten sind das aktuell jedoch nicht. Wenn Kassiererinnen nun fast überall hinter Acrylscheiben sitzen, Handschuhe und zum Teil auch Mundschutz tragen, wenn an den Frischwaren-Theken und Kassen Markierungen angebracht werden, um den notwendigen Abstand zum nächsten Kunden und der Bedienung einzuhalten und wenn Zettel an Regalen hängen, auf denen steht „nur ein Paket pro Kunde“, dann ist das alles andere als normal. „Ich bin stolz auf meine Kunden und vor allem auf meine Angestellten“, sagt Niehsen, und er beruhigt: „Es gibt genug Ware, die Lieferung ist das Problem. Ein Beispiel: 1000 Pakete Mehl passen in einen Lkw, für 1000 Pakete Toilettenpapier jedoch benötigt man schon drei.“

Daher ist auch bei ihm das Kontingent für manche Produkte pro Person gedeckelt: ein Paket Toilettenpapier, ein Paket Mehl, zwei Pakete Nudeln. Einlasskontrollen sind bei ihm wie auch in den Edeka-Märkten von Tobias Haupt am Holzheimer Weg und an der Sternstraße nicht notwendig. „Am Holzheimer Weg dürften 112 Kunden gleichzeitig im Laden sein, bis jetzt waren es nie mehr als 68“, sagt er. Das werde im Moment noch von einem Angestellten gezählt, soll aber bald von einem Infrarotzähler übernommen werden.

Mit Bargeld kann man bei Haupt mittlerweile nur noch an einer Kasse zahlen. „Darauf weisen wir zwar mit großen Schildern hin, trotzdem stellen sich Kunden falsch an und sind dann verärgert“, sagt Haupt. Das sei aber der einzige Grund, weshalb manch einer seinem Verdruss Luft mache. Abstand halten, beschränkte Kontingente führten nicht mehr zu Diskussionen. Die Öffnungszeiten hat Tobias Haupt nun allerdings geändert, ein wenig reduziert. Montags, mittwochs und freitags, wenn Ware kommt, ist nur noch bis 19 Uhr (statt 21 Uhr) geöffnet, an den anderen Tagen jetzt bis 20 Uhr. An der Sternstraße ist aktuell montags bis mittwochs von 8 bis 18, an den anderen Tagen von 8 bis 20 Uhr.

Und öffnen am Sonntag? Das lehnen Niehsen und Haupt ab. „Die Belegschaft zieht in diesen schwierigen Zeiten so an einem Strang. Das ist wirklich bewundernswert. Der Sonntag ist zur Erholung da“, sagt Tobias Haupt. Und Johannes Niehsen meint: „Da brauchen wir alle dann auch mal ein paar Stündchen Pause.“

Erst seit dem vergangenen Sonntag dürfen nun auch Lebensmittelläden und Apotheken sonntags von 13 bis 18 Uhr öffnen. Wie Carina Peretzke, Sprecherin des Handelsverbandes Nordrhein-Westfalen, auf Nachfrage sagt, hätten die Discounter und Supermarkt-Ketten das in Neuss ihres Wissens nach aber nicht gemacht. „Das Argument ist, dass die Mitarbeiter zurzeit so sehr in Anspruch genommen werden und so viel zu leisten hätten, dass sie den einen Tag in der Woche brauchen, um einmal Luft zu holen“, so Peretzke. Auch von der Möglichkeit, die Öffnungszeiten nach vorn oder hinten zu verlängern, sei ihrer Kenntnis nach kaum Gebrauch gemacht worden.

Eine schöne Idee, mit der sie Kunden und Kollegen überraschte, hatte Carmela Narcisi, Kassiererin in einem Rewe-Markt. Die 63 Jahre alte Italienerin hatte sich mit einem aus Servietten gebastelten Mundschutz, der ein überbreites Lächeln zeigt, hinter ihre Kasse gesetzt. „Ich wollte den Menschen Mut machen. Ich bin Buddhistin und glaube daran, dass man positive Kräfte, die in jedem schlummern, aktivieren kann. Auch, um diese schwierige Phase, in der wir uns im Moment befinden, zu überstehen“, sagt sie. Carmela Narcisi ist übrigens nicht nur seit bald 30 Jahren Kassiererin, sie ist auch Autorin, hat bis jetzt zwei Bücher veröffentlicht. Die Titel „99 Gesichter an einem Tag“ und „Klasse an der Kasse 2“. Darin beschreibt sie ihre Erlebnisse und Begegnungen in ihrem Job. „Forza mondo“ ruft sie, was so viel bedeutet wie „Komm schon Welt“.

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