Büttgen: Unwissenheit ist keine Ausrede

Seminar für NRW-Radsportler im Sportforum Büttgen: Sportler klagen, dass das Kontrollsystem die Menschenwürde verletzt.

Büttgen. Wo sonst Mütter mit kleinen Kindern und Babys turnen oder tänzerische Gymnastik geprobt wird, beherrschte am Wochenende ein wichtiges Thema die rappelvolle Gymnastik-Halle des Sportforums: Die Nationale Antidoping-Agentur (Nada) aus Bonn hatte auf Einladung des NRW-Radsportverbandes zu einem Seminar zum Thema Doping geladen.

Radsportler, Trainer, Begleiter und ungewohnt viele Schüler und ältere Jugendliche lauschten gebannt, was ihnen Dominic Müser von der Nada auf die Projektionsleinwand warf und mündlich erläuterte. Kernsatz des Vortrags: Unwissenheit schützt vor Strafe nicht, und eine positive Doping-Probe beendet in den meisten Fällen nicht nur die sportliche Karriere, sondern kann auch den Körper schädigen oder ruinieren. Eine weitere wichtige Konsequenz: Doping-Sünder verlieren ihr Ansehen und den Respekt ihrer Mitmenschen.

Bevor Dominic Müser das Thema in aller Breite darstellte, hatte Bürgermeister Franz-Josef Moormann für sauberen Sport plädiert und davor gewarnt, sich mit chemischen Mitteln fit für die besonderen Herausforderungen zu machen, die der Leistungssport mit sich bringe.

NRW-Radsport-Verbandsvorsitzender Toni Kirsch wandte sich direkt an den Radsport-Nachwuchs: "Wir wollen bereits die Schüler und Jugendlichen auf die Gefahren aufmerksam machen, die Doping mit sich bringt. Wir wollen mündige Fahrer am Start haben, die die richtigen Entscheidungen treffen, wenn es darum geht, die Leistungsfähigkeit künstlich zu erhöhen oder nicht".

Und unter Bezugnahme auf eine Zeitungsmeldung sagte er: "Wie sehr Doping die breite Öffentlichkeit erfasst hat und nicht nur ein Radsportproblem ist, sehen wir daran, dass jetzt sogar schon am Arbeitsplatz gedopt wird, um mithalten zu können."

Ausgehend von bekannten Sportlern wie Maradona, Baumann, Simpson und anderen listete Müser die verbotenen leistungsfördernden Substanzen auf. Er warnte vor allem vor Nahrungsergänzungsmitteln und deren häufige Verunreinigung und rief seine Zuhörer auf, sich in Zweifelsfällen bei der Nada und Ärzten zu informieren.

Außerdem müsse der Sportler sich mehr als bisher Gedanken um seine richtige Ernährung machen. Denn Unwissenheit schütze nicht vor Strafe. Und was ist, wenn ein Sportler einmal krank wird und Medikamente nehmen muss? Müsers Tipp: "Sagen Sie dem Arzt, dass Sie Leistungssportler sind und Einschränkungen bei Medikamenten unterliegen."

Inzwischen verfügen nach seinen Angaben auch alle Apotheken über eine von der Nada herausgegebene Liste von erlaubten Medikamenten im Krankheitsfall.

In der Frage des "Whereabouts", der ständigen Erreichbarkeit von Athleten, die im Voraus penibel ihren Aufenthaltsort anzugeben haben, um sie mit Doping-Proben zu überraschen, gab sich NRW-Radsportchef Kirsch hart: "Ich kann nur raten, sich dem System zu unterwerfen, um Problemen aus dem Wege zu gehen."

Das betreffe ohnehin nur die Sportler aus der internationalen Hochleistungsklasse, den "Red Flags". Das sind die Athleten aus der obersten von vier Prüfungskategorien. Immerhin zeigte eine Umfrage unter den Anwesenden, dass auch Jugendliche schon von der Nada kontrolliert wurden.

In Belgien habe das System laut eines Spiegel-Berichts zu einer Klage von 65 Sportlern geführt, die sich in ihrer Menschenwürde verletzt sehen, weil sie sich von diesem System dominiert und in ihrer persönlichen Freiheit beeinträchtigt fühlen. Red

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