Aufführung will persönlichen Luther zeigen

Bei den Musikwochen lautet die Frage am kommenden Sonntag: „Kennen Sie Luther?“

Aufführung will persönlichen Luther zeigen
Foto: Anja Tinter

Kaarst. „Kennen Sie Luther?“ Davon mögen vielleicht einige überzeugt sein, die sich im 500. Jubiläumsjahr der Reformation intensiv mit Martin Luther befasst haben. Ganz neue Eindrücke — ernsthafte und vergnügliche — zu dem berühmten Reformator verspricht die gleichnamige Veranstaltung im Rahmen der Musikwochen in Kaarster Kirchen. Musikalisch-politische Zwiegespräche, fiktive Dialoge und Interviews sowie mittelalterliche und moderne Musik werden einen persönlichen Luther zeigen, kündigt Wolfgang Weber, Kantor in Kaarst, an. Ganz im Sinne der aktuellen Musikwochen, die Unbekanntes und Überraschendes präsentieren unter dem Motto „Singet dem Herrn ein neues Lied“.

„Mich hat Luther nicht als Erinnerung interessiert, sondern als Chance, Fragen zu stellen“, erklärt Verena Kleist. Die Dramaturgin hat seit Monaten zu Luther recherchiert, fiktive Geschichten geschrieben und gemeinsam mit der Schauspielerin Susa Weber für die Bühne umgesetzt. Dabei standen immer Fragen im Mittelpunkt wie: „Warum hat Luther bis heute eine solche Bedeutung? Wofür steht seine Person? Wie war die Welt, in der er lebte? Was bedeutet das für uns heute?“, erklärt Kleist. Sie habe ja bereits ein Bild von ihm gehabt, sagt sie. Je mehr sie sich aber mit ihm beschäftigt habe, umso mehr „Aha-Erlebnisse“ habe es gegeben.

„Luther war in vielerlei Hinsicht unglaublich unsympathisch“, so Kleist, doch aufgrund seiner Ideen und Thesen wiederum sehr beeindruckend. Den Theologen mit seinem undiplomatischen Wesen und Zorn, aber auch seinem Intellekt und seiner Brillanz, versucht das Team rund um Kantor Weber dem Publikum näher zu bringen.

Entstanden sind unterschiedlichste Episoden. Eher schnoddrig werde die Eröffnung sein, verrät Susa Weber. Ein fiktiver Werkstattmitarbeiter von Lukas Cranach — dem bedeutenden Maler der Reformation — werde über die Veränderung der Kunst lamentieren. Den Ablasshandel dagegen macht Händler Johann Tetzel dem Publikum schmackhaft. Und ein Bauer und seine Frau sinnieren über die Freiheit nach und decken die Widersprüche Luthers auf. Dieser wollte zwar den Menschen von der Institution Kirche befreien, jedoch nicht für die Befreiung der Bauernschaft eintreten.

Die verschiedenen Rollen als Freund und Feind von Martin Luther wird Susa Weber sprechen, spielen und singen. Aber auch die Altistin Angela Froemer, die unter anderem an der Düsseldorfer Oper am Rhein singt, wird sowohl singen als auch sprechen. „Das ist gerade das Besondere an den Musikwochen, dass wir genre-übergreifend arbeiten können“, sagt Susa Weber und lobt ihren Mann als Organisator: „Das ist die Form von Kunst, wie ich sie liebe, und das ermöglicht er uns.“

Musikalisch wechseln sich weltliche, mittelalterliche Trinklieder mit Psalmen sowie biblischen Texten — von Luther übersetzt und Samuel Scheidt vertont — ab. Veit Scholz am Fagott wird moderne Stücke spielen und der noch junge Kaarster Chor Capella Vocale geistliche, aber auch weltliche Lieder singen.

„Dabei ist ein Luther entstanden, der — über die historischen Wahrheiten hinaus — sehr lebendig und menschlich erscheint“, verspricht die Dramaturgin Kleist. Und vielleicht mögen manche Besucher anschließend die Erkenntnis haben: Sie kennen Luther.

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