An der Neusser Eissporthalle Demo gegen den „Moskauer Circus“

Neuss. · Tierschützer demonstrieren gegen den Zirkus, der Wildtiere zu seinen Attraktionen zählt – und kritisieren auch die Politik.

 Robano Kübler ist Tierdresseur im „Moskauer Circus“. In den Vorstellungen tritt er unter anderem mit Tigern auf.

Robano Kübler ist Tierdresseur im „Moskauer Circus“. In den Vorstellungen tritt er unter anderem mit Tigern auf.

Foto: Friedr. Klawiter

Noch bis Sonntag gastiert der „Moskauer Circus“ in Neuss. Im gesamten Stadtgebiet werben die Artisten mit Plakaten für ihre Show. Als Hauptattraktion wird die „gemischte Raubtiergruppe“ angekündigt, zu der auch seltene weiße Tiger zählen. Der Einsatz der dressierten Wildtiere stößt dem Verein „Animals United“ sauer auf. Darum werden die Shows an der Eissporthalle seit dem 26. April mit Demonstrationen begleitet. Auch bei den Vorstellungen am Samstag (um 14.30 und 18 Uhr) wird protestiert. Der Vorwurf des Vereins: Der „Moskauer Circus“ verkaufe „die Unterdrückung der Tiere als Unterhaltung“.

Demo-Teilnehmerin Katrin Sulzmann: „Ich war geschockt, als ich herausgefunden habe, dass es so etwas noch gibt.“ Die Kritik richtet sich aber vor allem an die Politik, die vor der „Zirkus-Lobby“ einknicke. Besonders die Reisestrapazen für die Tiere würden oft unterschätzt, sagt Tanja Schwichtenberg von „Animals United Rheinland“.

Demonstrationen gehören für
die Zirkusbetreiber zum Alltag

Beim „Moskauer Circus“ gibt man sich entspannt. „Jeder darf seine Meinung vertreten“, sagt Sprecherin Natascha Trumpf. Es komme häufiger vor, dass ihre Vorstellungen von Demonstranten begleitet werden. Zu gewalttätigen Ausschreitungen sei es noch nicht gekomme; und zu einem Zuschauerschwund hätten die Demos letztlich auch nicht geführt.

Dieter Seeger, Erster Vorsitzender des Verbands deutscher Circus-Unternehmen, bestätigt: „Wir bemerken bei fast allen Unternehmen einen guten Zuschauerstrom.“ In der Vergangenheit hatten Städte immer wieder versucht, Shows mit Wildtieren nicht zu genehmigen. In vielen Fällen gingen die Zirkus-Unternehmen jedoch gerichtlich dagegen vor – und bekamen in fast allen Fällen Recht. So wie in Krefeld: Dort darf der Zirkus „Knie“ im Juni 2019 auftreten. Das hat das Verwaltungsgericht Düsseldorf entschieden. Die Stadt Krefeld wollte dem Zirkus zunächst keine Fläche zur Verfügung stellen, weil er in seinem Programm auch Wildtiere zeigt. Deren Haltung hat die Stadt untersagt. Das Gericht bewertete das Recht auf freie Berufsausübung der Zirkusangestellten allerdings höher als das Tierwohl. Auch die Stadt Düsseldorf versucht derzeit, einen Auftritt mit Wildtieren zu verhindern – und zwar vom Circus „Busch“ im September. Der Zirkus hat ebenfalls Klage beim Verwaltungsgericht eingereicht.

Die Stadt Neuss hat die Manege des „Moskauer Circus“ am 30. April abgenommen. Wie die stellvertretende Stadtsprecherin Nicole Bungert mitteilte, gibt es durch die aktuelle Rechtslage nach jetzigem Kenntnisstand keine Ermächtigung zur Einschränkung der Wildtierhaltung in Zirkussen.

Die Kommune könne nur in wenigen Sonderfällen eingreifen

„Aufgrund dieser Rechtslage können sich bis zur Änderung des Tierschutzgesetzes Zirkusse mit Wildtieren das Recht auf ein Gastspiel in den angefragten Städten einklagen. Gerichte urteilen gegen kommunale Verbote. Sie urteilen einhellig, dass sich eine Kommune bei der Genehmigung von Zirkusaufführungen an das geltende Bundesrecht halten müsse“, so Bungert. Die Kommune habe zwar nicht die Kompetenz, durch schärfere Tierschutzbestimmungen in die Berufsfreiheit der Zirkusunternehmen einzugreifen. Es könne jedoch eingegriffen werden, wenn die Haltung und der Transport „nur unter erheblichen Schmerzen, Leiden oder Schäden“ möglich sind.

Bürgermeister Reiner Breuer habe Landrat Hans-Jürgen Petrauschke als Zuständigem für die Kreisveterinärbehörde vor einigen Wochen angeschrieben, nach einem entsprechenden Antrag im Rat. Mit dem Antrag sollte erwirkt werden, dass die Stadt Zirkusbetrieben und anderen Wanderschaustellbetrieben, die Wildtiere mitführen, künftig keine städtischen Flächen mehr vermietet. Dieser Antrag wurde mehrheitlich abgelehnt. Breuer bat Petrauschke gleichwohl, als Veterinärbehörde „exakt und penibel auf die Einhaltung der tierschutzrechtlichen Bestimmungen zu achten“.

Nach Angaben von Frank Schäfer, Leiter des Kreisveterinäramts, wurde am Freitag eine Mitarbeiterin entsandt, um die Verhältnisse im „Moskauer Circus“ zu prüfen.

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