Altweiber in Neuss Möhnen übernehmen das Rathaus

Neuss. · Bürgermeister Reiner Breuer wurde vom närrischen Volk gefangen genommen.

 Möhne Freisteller Neuss Zweitverwertung, schon erschienen, kein Honorar

Möhne Freisteller Neuss Zweitverwertung, schon erschienen, kein Honorar

Foto: Andreas Woitschützke

Der Rathausschlüssel ist für die Möhnen an Altweiber der Schlüssel zum Glück. Novesia Conny I. stieß nicht auf allzu großen Widerstand bei Bürgermeister Reiner Breuer. Er wurde vom närrischen Volk gefangengenommen und auf die Bühne am Marktplatz gezerrt, begleitet unter anderem vom Tambourkorps der Novesia-Garde und von der Garde der Blauen Funken, der die Novesia angehört. Einige Hundert Karnevalsfans erlebten diese „Demütigung“ des Bürgermeisters gutgelaunt mit.

Und sie erlebten, dass die Novesia Einfluss auf das Wetter hat: Als sie zum Mikrofon griff, regnete es leicht. Wenig später kam die Sonne raus. Sehr zur Freude der Möhnen. Richtig stilecht unterwegs: Christa Schellscheidt (65) und ihre Freundinnen Ingrid Dahmen (65) und Magdalena Esser (66). Ihre Kostüme waren geprägt von Mänteln im Persianer-Look. „Unsere nostalgisch anmutenden Hüte haben wir aus dem Ein-Euro-Shop“, verriet Christa Schellscheidt, die früher in Büttgen gelebt hat und die jedes Jahr nach Neuss zum Altweiber-Karneval kommt. „Über 20 Jahre haben wir in Köln gefeiert, die letzten 20 Jahre aber in Neuss“, erklärte die jecke Ex-Neusserin. Im heimischen Iserlohn gibt es schließlich nichts Vergleichbares.

Was die erfahrene Möhne hervorhebt: „Man muss beim Alkoholkonsum berücksichtigen, dass der Tag lang wird.“ Wichtig sei auch eine solide Grundlage im Magen wie zum Beispiel eine Rindfleischsuppe oder Pommes frites.

Auch Männer zogen mit
zum Rathaussturm

Männer sind übrigens kein Tabu: „Ich habe zum ersten Mal meinen Mann mitgebracht“, erklärte Christa Schellscheidt, die auch immer gerne in ihrer alten Heimat Schützenfest feiert.

Sie sah einen gut gelaunten Bürgermeister, gefesselt mit einer Kette aus weißen und roten Gliedern. „Ich bin der Kraft der Frauen erlegen, habe den Schlüssel dann aber doch gerne übergeben“, reimte Breuer. Wenig später, als freier Mann, aber ohne Macht, hatte er in der linken Hand ein Bier und in der rechten ein großes Erdbeereis – von einer Möhne spendiert.

Als Prinz Bernd I. zum Mikrofon griff, versagte zunächst die Technik – die Novesia ätzte: „Du hast heute nichts zu sagen.“ Zu sagen vielleicht nicht, aber zu singen, während die „The Fantastic Company“ Karnevalshits spielte. Am Marktplatz war auch wieder Janne Gronen mit ihren Damen von der Frauenberatungsstelle vertreten – und mit Günter Kömmet vom Sozialdienst Katholischer Männer, der weiß, dass es auch Gewalt gegen Männer gibt. Die Frauen trugen Transparente mit einer klaren Ansage mit sich: „…mer losse uns niet dran fummele“ an den „Spitzenböxjers“.

Durch das Bühnenprogramm führte KA-Vizepräsident Markus Titschnegg. Er holte unter anderem „Die Bergpiraten“ aus Gohr auf die Bühne. Und er musste sich selbst ansagen, den „Nüsser Jung“. „Er ist besonders gutausstehend, aber ein bisschen schüchtern, ich muss ihn holen“, erklärte Titschnegg und holte sich selbst auf die Bretter, die den Altweiber-Donnerstag bedeuten.

So sehr Christa Schellscheidt das Bühnenprogramm auch gefiel: „Der Kneipenkarneval in Neuss ist auch sehr zu empfehlen.“ Dem konnte Nicole Hohmann-Krüll aus Büttgen, als Teufel verkleidet, nur zustimmen: „Wir werden gleich ins Vogthaus gehen.“

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