25 Jahre Grüne in Kaarst: „Unsere Themen in aller Munde“

Interview: 25 Jahre Grüne in Kaarst: Der Fraktionsvorsitzende Christian Gaumitz (27) gibt einen Ausblick auf die Feierlichkeiten und auf die Themen in den nächsten zwei Jahren.

Kaarst: WZ: Herr Gaumitz, in diesem Jahr gibt es die Kaarster Grünen seit 25 Jahren. Das wird gleich an zwei Tagen gefeiert. Was ist geplant?

Gaumitz: Für Samstagabend, 25. August, um 19.30 Uhr ist der offizielle Teil mit einem Sommerfest geplant. Wir rechnen mit bis zu 150 Gästen: von Grüner Politprominenz wie Bundestagsabgeordneten und dem stellvertretenden Landtagspräsidenten Oliver Keymis bis hin zu Weggefährten von damals. Martin Maier-Bode wird einen kabarettistischen Input zum Thema Grüne geben. Aber auch einige Erinnerungen wollen wir wecken. Wir haben in unserem Archiv gewühlt: In den Anfangsjahren der Gründung der Ortsgruppe gab es witzige und skurrile Kommentare in der Presse. Und die Grünen haben mit Sitzprotesten gegen die Verkabelung von Kaarst protestiert. Manches ist heute noch aktuell und damals ein Auslöser für die Gründung gewesen: Die Verbreiterung der L 154 und damit das Fällen der Bäume entlang der Bismarckstraße.

WZ: Am Sonntag, 26. August, von 11 bis 17 Uhr folgt nach dem Schwelgen in Erinnerungen der Ausblick mit einem Zukunftsmarkt?

Gaumitz: Zuerst blicken wir noch mal zurück. Denn vor 15 Jahren wurde die Agenda 21, das Leitpapier zur nachhaltigen Entwicklung, von 178 Staaten beschlossen. Wir wollen das entwicklungs- und umweltpolitische Aktionsprogramm für das 21. Jahrhundert lokal umsetzen: zum Anfassen und Angucken. An 20 Ständen vor der Rathausgalerie wird vom Bio-Brot über den Eine-Welt-Produkte Biobaustoffen für Häuser und Photovoltaik-Anlagen bis zum nachhaltigen Investment informiert. Dazu gibt es ein Programm mit Grillständen und Clowns, auch Diskussionen, die Manfred Puchelt von der Lokalen Agenda in Dormagen moderieren wird. Da wollen wir schauen, wie unsere Nachbarstädte die Agenda 21 umgesetzt haben.

WZ: Eine Lokale Agenda wie in Dormagen gibt es in Kaarst nicht. Ist Kaarst in den vergangenen 25 Jahren denn grüner geworden?

Gaumitz: Kaarst weniger, aber die Gesellschaft: Klimawandel und Energieeinsparung ist heute in aller Munde. Unsere Themen, für die wir vor Jahren ausgelacht wurden. Die Solarbranche ist ein boomender Wirtschaftszweig. Aber in Kaarst blockiert die Stadtspitze konkrete Angebote von Unternehmen, die auf städtischen Gebäuden Photovoltaikanlagen errichten wollen.

WZ: In Kaarst gab es parallel zum Förderprogramm des Landes auch eines der Stadt, um Eigenheime mit Solaranlagen auszustatten. Und es existierte ein Solarstammtisch.

Gaumitz: Ganz gegen den allgemeinen Trend wurde der städtische Bereich Umwelt mit der so genannten Verwaltungsmodernisierung beschnitten: Das frühere Umweltamt kümmert sich heute nur noch um Fluglärm und Grundwasser. Unsere Anträge, das Solarprogramm fortzusetzen, sind abgelehnt worden. Natürlich ist es eine Forderung, Personalkosten einzusparen. Aber man muss sich fragen, ob nicht längst Grenzen überschnitten sind, wenn die Herbstferienaktion "Pfiff-ich" gestrichen werden sollte, weil die städtische Mitarbeiterin zu viele Überstunden hat. Um das Präventionskonzept umzusetzen, mit dem der Kinder- und Jugendschutz verbessert werden soll, ist ein erhöhter Personalbedarf nötig.

WZ: Für welche Themen werden sich die Kaarster Grünen bis zur Kommunalwahl 2009 einsetzen?

Gaumitz: Natürlich Umwelt- und Klimaschutz vor Ort. Im Bereich Kinder-, Jugend- und Familie setzen wir uns dafür ein, dass die Offene Ganztagsschule beitragsfrei wird und dass Kinder an allen Schulen mittags eine warme Mahlzeit essen können. Dann ist uns die Umsetzung der Betreuung von unter Dreijährigen wichtig. Weiteres Thema: eine nachhaltige Stadtentwicklung. Es gibt nach wie vor kein Stadtentwicklungskonzept, das wir seit 15 Jahren fordern. Die Folge ist, dass nach der Erschließung von Baugebieten die soziale Infrastruktur hinterherhinkt. Kinderspielplätze wie jetzt auf dem ehemaligen Stodiek-Gelände werden erst Jahre später verwirklicht. Dann heißt es von der Stadtspitze: Wir müssen neue Baugebiete erschließen, um den Haushalt zu sanieren.

WZ: Denn die Stadt lebt über ihre Verhältnisse, gibt mehr Geld aus als sie einnimmt. Was ist zu tun?

Gaumitz: Um das strukturelle Defizit auszugleichen, müsste man sich zum Beispiel vom Sportforum trennen. Die Anlage wird in den nächsten Jahren noch Millionen verschlingen. Schulstandorte müssten zusammengelegt werden. Zwei Grundschulen in Büttgen haben keine Zukunft. So ehrlich sollte man sein. Deshalb haben wir für die Zusammenlegung ein pädagogisches Konzept gefordert. Die Grünen sind nicht gegen neue Baugebiete, nur wird dabei das ökologische Bauen vernachlässigt. Warum kann man keine Auflagen bei der städtischen Immobilienbörse machen, dass, wer ökologisch baut, das Grundstück preiswerter bekommt?

WZ: Glauben Sie, auf die Kaarster kommt noch eine Sparliste wie in Neuss zu?

Gaumitz: Wir müssen jetzt handeln. 2009 ist die Ausgleichsrücklage aufgebraucht. Aber die CDU wird bis zu den Kommunalwahlen keine unangenehmen Entscheidungen mehr treffen. Das Schlimmste war da schon die Sportstättennutzungsgebühr, die aber nichts bringt.

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