Polizist beleidigt schwarzen Spitzenkoch

Der Beamte soll Anthony Sarpong als „Scheiß-Neger“ bezeichnet haben. Der Koch erstattete keine Anzeige, trotzdem wurde der Polizist versetzt.

Polizist beleidigt schwarzen Spitzenkoch
Foto: Ulli Dackweiler

Es war ein schöner Sommertag im Juli, als der Koch und Restaurant-Inhaber Anthony Sarpong mit seinem Sohn durch Büderich radelte. Kurz hinter seinem Restaurant an der Moerser Straße wollte er eine Kreuzung queren. Normalerweise werden dort Fußgänger und Radfahrer über die Straße gelassen. „Aber ein Autofahrer hat nicht gestoppt, und ich hatte plötzlich panische Angst, dass meinem Kind etwas passiert und er es anfährt,“ erinnert sich Sarpong. Er wollte seinen Sohn schützen, sprang vom Fahrrad, warf sein Rad auf die Straße und wurde wütend. „Wollen Sie mein Kind umfahren?“, rief er dem Autofahrer zu. Und ab diesem Moment eskalierte die Situation. Der Autofahrer reagierte, so schildert es der gebürtige Ghanaer, so massiv, so ausfallend, so rassistisch, dass er selbst nur noch eine Reaktion hatte: sich zurückzuziehen. „Als der Mann anfing, mich als Scheiß-Neger zu beschimpfen, mir sagte, dass ich dorthin zurückgehen solle, wo ich hergekommen sei, habe ich das Handy eingeschaltet und alles aufgenommen.“ Und genau dieses Audio-Tape soll später in den Ermittlungen eine Rolle spielen — auch wenn solche Privataufnahmen eigentlich verboten seien, so Staatsanwalt Ralf Herrenbrück.

Anthony Sarpong, Besitzer des Restaurants Anthonys

Der Autofahrer setzte seine Schimpftiraden fort, die beiden Männer gerieten fast aneinander. Ein Passant rief die Polizei. Die kam mit zwei Funkstreifenwagen, die Beamten informierten sich über die Situation. „Als ich gesagt habe, ich bin der Besitzer des Restaurants Anthonys, entspannten sich alle ein bisschen“, erinnert er sich.

Die Polizisten in Uniform wussten zu diesem Zeitpunkt mehr als Sarpong: Der Mann hinter dem Steuer war ein Kollege von ihnen. Das erfuhr der Familienvater aber erst, als er sich vom Schauplatz entfernte, etwas auf der Post erledigen wollte und anschließend von den Polizisten noch einmal angesprochen wurde. Da erzählten sie ihm, dass der Mann Polizist sei und fragten Sarpong, ob er denn keine Anzeige erstatten wolle. „Nein“, sagt Sarpong auch jetzt noch, „ich wollte nur, dass sich der Mann entschuldigt. Auch vor meinem Sohn — wie soll ich dem Jungen das alles erklären?“ Er habe sich am meisten darüber aufgeregt, dass jemand ihn als „Neger“ beschimpft. „Ich bin seit 26 Jahren in Deutschland — das hat noch nie jemand zu mir gesagt.“ Genau das habe er dem wütenden Mann auch immer wieder zugerufen. „Das sagt man doch nicht mehr.“

Die Polizisten ließen den Fall ihres ausfällig gewordenen Kollegen nicht auf sich beruhen — mit dem Ergebnis, dass ihr langjähriger und eigentlich diensterfahrener Kollege ziemlich bald nach dem Vorfall in eine andere Wache innerhalb des Kreises Neuss versetzt wurde. Dazu erklärt Diane Drawe, Pressesprecherin der Polizei im Kreis Neuss: „Die Polizei im Rhein-Kreis Neuss hat mit Kenntnisnahme des Sachverhaltes ein Ermittlungsverfahren gegen einen Polizeibeamten eingeleitet. Des Weiteren werden mögliche disziplinarrechtliche Verstöße geprüft. Ein erneutes Zusammentreffen der beteiligten Personen im Rahmen der Dienstausübung des Beamten ist ausgeschlossen, da er aktuell keinen Dienst mehr in Meerbusch versieht.“

Die Versetzung muss also noch nicht das Ende der Folgen sein, es kann auch sein, dass der Beamte degradiert oder nicht mehr befördert wird. Nach Angaben von Staatsanwalt Ralf Herrenbrück handelt es sich in dem Fall um eine Beleidigung, die als Antragsdelikt gilt. Heißt: Hätte Sarpong einen Strafantrag gestellt, wäre die Sache weiter verfolgt worden.

Der Mann hat zumindest Reue gezeigt: Obwohl er sich eigentlich Anthony Sarpong nicht nähern darf, tat er das doch — in Begleitung des katholischen Pfarrers von Büderich. „Die beiden standen irgendwann bei mir im Restaurant“, so Sarpong. Der Polizist habe noch einmal offiziell um Entschuldigung gebeten, habe erzählt, dass er mit dem Pfarrer gesprochen habe und dass er heute nicht mehr wisse, wie ihm das passieren konnte.

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