Klimaschutz Grüne Vorgärten: Stadt setzt auf Dialog

Die Politik will keine versiegelten Gärten. Ein rechtliches Verbot gibt es aber nicht.

 Pflanzen ragen aus einem Vorgarten mit Schottersteinen. Die Stadt Meerbusch will größere Steinflächen in Vorgärten verhindern.

Pflanzen ragen aus einem Vorgarten mit Schottersteinen. Die Stadt Meerbusch will größere Steinflächen in Vorgärten verhindern.

Foto: dpa/Carmen Jaspersen

Ruth Windmüller aus Osterath war entsetzt, als sie neulich vor einem Firmen-Neubau in Strümp stand: „Als ich dort ankam, hat mich die riesige Steinfläche vor dem Gebäude erschüttert, so geschmacklos und schrecklich fand ich diese öde Brachfläche, die noch nicht einmal zum Parken vorgesehen ist. Wie schön wären da eine große Wildwiese oder Farn und blühende Sträucher.“ Sie fragt sich: „Soll das eine repräsentative Fläche sein? Ich erkenne den Nutzen nicht. Wie kann das sein, dass so etwas heutzutage noch erlaubt ist?“

Grau statt grün, Pflaster und Schotter statt Blumen und Gras. Was auch in Meerbusch so mancher Bauherr und Hausbesitzer praktisch und schick findet, ist für Naturschützer eine Katastrophe. Denn gerade im Sommer speichern solche versiegelten Flächen die Hitze und sind schlecht fürs Stadtklima.

Die Mitglieder des Ausschusses für Planung und Liegenschaften (APL) hatten die Verwaltung deshalb im Frühjahr damit beauftragt, Möglichkeiten zu prüfen, die bei künftigen Bauvorhaben dafür sorgen, dass die Vorgärten „grün“gestaltet und nicht versiegelt werden. „Denn der Schotter in den Vorgärten ist eine Vollkatastrophe“, betont SPD-Fraktionschefin Nicole Niederdellmann-Siemes.

In der aktuellen Sitzung des APL stellte die Verwaltung nun ihre Ergebnisse vor. Demnach könne laut neuer Bauordnung NRW zwar „die Begrünung baulicher Anlagen geregelt werden“. Diese Normen würden jedoch keine rechtliche Grundlage bieten, „um eine naturnahe Gestaltung von Vorgärten stadtweit rechtssicher regeln zu können“, erklärte die Verwaltung. Bei bestehenden Gärten sei man sowieso machtlos. „Denn jeder Hausbesitzer kann seine Wiese ohne Baugenehmigung in eine Steinfläche umwandeln“, sagt Technischer Dezernent Michael Assenmacher. Zudem könne die Stadt auch keine Mitarbeiter herumschicken, die die Gärten der Bürger kontrollierten.

Eine Gestaltungssatzung für ganz Meerbusch zu erlassen sei schwierig und aufwendig, denn jedes Gebiet und teilweise jede Straße hätten ihr eigenes Gesicht. „Die typische Gestaltung eines Vorgartens ist in Alt Meererbusch nicht mit den Vorgärten in einer Reihenhaussiedlung gleichzusetzen“, so die Verwaltung. Außerdem greife eine solche Gestaltungssatzung in besonderer Weise in die Eigentumsfreiheit ein – zu der auch die Gestaltungsfreiheit gehört. Auch Gespräche mit den Nachbarkommunen, die ebenfalls die Probleme mit den Steingärten kennen, hätten ergeben, dass eine flächendeckende Satzung kaum umsetzbar sei.

Stattdessen setze man auf die Einsicht der Bürger und deren gestiegenes Umweltbewusstsein. „Außerdem achten wir bei Bauabnahmen verstärkt auf eine ansprechende Grüngestaltung, um steinerne Vorgärten zu vermeiden“, sagt Kirsten Steffens, Bereichsleiterin Stadtplanung und Bauaufsicht. Möglicherweise könnte man auch positive finanzielle Anreize setzen, nach dem Motto: Bürger, die ihren Schottergarten in eine Blühwiese umwandeln oder eine Dachbegrünung anlegen, bekommen eine Förderung. „Die Stadtplanung würde ein Förderprogramm begrüßen“, heißt es seitens der Verwaltung.

Die Grünen sind gegen
ein Förderprogramm

Jürgen Peters, Fraktionschef der Grünen, hatte sich mehr erhofft. „Ich finde die Vorlage ehrlich gesagt ziemlich ernüchternd“, lautete sein Fazit. „Wir hätten uns eine klare Aussage zu Neubauten gewünscht. Im Gewerbegebiet Bundenrott beispielsweise gibt es immer noch zu viele asphaltierte Vorflächen.“ Die Bürger mit Geld zu locken, sei aber das falsche Signal. „Man muss die Akzeptanz stärken“, forderte etwa Nicole Niederdellmann-Siemes. Und Joachim Quaß (Grüne) sagte: „Man sollte immer wieder darauf hinweisen, dass es besser geht.“ Sein Vorschlag: „Die Verwaltung sollte eine Kampagne starten.“

Ruth Windmüller begrüßt es, dass das Thema nun wenigstens öffentlich diskutiert wird. Ihr Eindruck: „Die Sensibilität, auch in Hinblick auf Neubaugebiete, muss anscheinend neu geschult werden.“

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