Stadtplanung in Meerbusch Bedeutung des Baustopps für Osterath

Osterath · Der komplette Abzug der Feuerwehr von der Hochstraße wird sich um Jahre verzögern. Was der Baustopp am Bahnhof die anderen Projekte in Osteraths bedeutet, darüber muss die Politik in den kommenden Wochen diskutieren.

 Politiker und Bürger fordern von der Bahn, die Arbeiten am Bahnhof in Osterath fortzusetzen, denn der Baustopp hat auch Auswirkungen auf die Entwicklung des Ortes.

Politiker und Bürger fordern von der Bahn, die Arbeiten am Bahnhof in Osterath fortzusetzen, denn der Baustopp hat auch Auswirkungen auf die Entwicklung des Ortes.

Foto: RP/Dominik Schneider

Mehr als 200 kleine, graue Punkte verteilen sich über die Deutschlandkarte, die auf dem Internetauftritt der Deutschen Bahn die aktuellen Bauprojekte anzeigt. Was auf der Karte fehlt, ist ein Punkt in Meerbusch-Osterath. Denn die dortigen Arbeiten an der Autounterführung hat die Bahn eingestellt – und wird sie frühestens 2025, vermutlich eher später, fortsetzen.

„Die Entscheidung ist für den Ort dramatisch“, sagt der Vorsitzende des Bürgervereins Osterath, Stefan Mosch. Neben den weiterhin bestehenden Wartezeiten an der Schranke ist auch die Auswirkung des Baustopps auf die Entwicklung von Osterath entscheidend. „Hier im Ort bewegt sich so viel – das alles steht jetzt erst mal still“, so Mosch, der in der vergangenen Woche zu einer Demonstration am Bahnhof aufgerufen hatte, bei der auch Bürgermeister Christian Bommers deutliche Worte fand. „Wir werden diese erneute Verzögerung nicht hinnehmen“, so der Bürgermeister. Er hat Kontakt zu verschiedenen Entscheidungsträgern in der Landes- und Bundespolitik und auch zur Verwaltung der Bahn aufgenommen und versucht, die von der Bahn angekündigte Verzögerung von mindestens drei Jahren zu verringern.

Trennung zwischen Wohnen
und Einkaufen wird verstärkt

Vor allem für das Zusammenwachsen des Orts wäre ein so langer Baustopp eine Katastrophe, sagt Werner Damblon, Fraktionsvorsitzender der CDU und Vorsitzender des Planungsausschusses. Die Trennung zwischen Dorf und Bovert mit Lebensmittelmärkten und Ärzten auf der einen Seite und Wohnen auf der anderen werde künftig noch verstärkt. Durch das weitere Verlagern von Güterverkehr auf die Schiene nehme der Bahnverkehr zu.

Damblon kann zwar nachvollziehen, dass die Bahn logistisch eine Riesenaufgabe zu lösen hat, hält die Umsetzung aber für nicht durchdacht und dilettantisch. „Mir fehlt noch jede Fantasie, wie diese Baustelle über Jahre halb fertig bleiben soll. Das Material liegt da und wird nicht besser, wenn es dort steht. Die Bahn verbrennt dabei auch Millionen.“ Er hat deshalb einen Rest Hoffnung, dass der Baustopp früher aufgehoben werden könnte.

Direkt verhindert durch den Baustopp wird der komplette Umzug der Osterather Feuerwehr nahe Edeka und der Fernwärmezentrale der Stadtwerke, erklärt Damblon. Aufgrund der Ortsteilung müssten ein bis zwei Fahrzeuge auf dem alten Gelände an der Hochstraße bleiben. Dies habe wiederum Auswirkungen auf das angrenzende Gelände der Barbara-Gerretz-Schule, wo die Stadt ein Bildungszentrum und seniorengerechte Wohnungen plant. Bei gleichzeitig bestehender Feuerwehrwache wäre man gezwungen, eine Schallschutzmauer zu bauen, die nach einem kompletten Umzug der Feuerwehr wieder abgerissen würde. „Lohnt sich das?“, fragt Damblon. Vom Baustopp indirekt betroffen sei aber auch die Frage, wie der alte Güterbahnhof zukunftsfähig gestaltet werden kann. Für die Entwicklung des neuen Wohngebiets am Kamper Weg sei die Ortsteilung ebensowenig gut.

Heidemarie Niegeloh von der SPD fordert, dass Vertreter der Bahn nach der politischen Sommerpause in die entsprechenden Ausschüsse eingeladen werden, um dort Rede und Antwort zu stehen. Es könne nicht sein, dass eine so wichtige Entscheidung „mit einem Federstrich“ getroffen werde, ohne den Dialog mit den Betroffenen zu suchen. Die Diskussion müsse nachgeholt werden, so die SPD-Politikerin, die Mitglied im Verkehrsausschuss ist. Sie hofft, dass es der Stadtverwaltung und den Parteien gelingt, auf allen Ebenen genug Druck zu erzeugen, um die Entscheidungen der Bahn zu ändern.

„Die Teilung von Osterath muss endlich zurückgebaut werden“, fordert Niegeloh. Denn vor allem mit Blick auf die geplanten Neubaugebiete wolle man den Ort zusammenführen, die Trennung durch die Bahntrasse möglichst überwinden. „Es soll für die neuen Osterather keine ‚andere Seite‘ geben, das täte dem Ort nicht gut“, so Niegeloh.

Joachim Quass von den Grünen zeigt sich froh über das eindeutige Zeichen aus Politik, Verwaltung und Bürgerschaft. Dennoch sei die Lage schwierig. „Ob wir wirklich erreichen können, dass der Baustopp verkürzt wird, da bin ich maximal verhalten optimistisch“, so Quass. „Ein Großkonzern wie die Bahn hat eine Prioritätenliste, und auf der stehen noch viele andere Projekte. Der Bau führt ja für die Bahn nicht zu einer Verbesserung der Situation.“ Quass regt an, die Stadt und Politik sollen nun genau prüfen, welche der geplanten Entwicklungen in Osterath auch ohne die Fertigstellung der Unterführung fortgesetzt werden können.

Für die Meerbuscher Grünen gibt es keine Alternative zur Umsetzung der Unterführung, auch, wenn die bisherige Planung nicht die optimale Lösung darstelle.

Verzögerung nun nutzen,
um Details neu zu besprechen

„Das Vorhaben erinnert an die 1980er-Jahre, so würde man es heute wohl nicht mehr machen“, sagt Quass. „Aber wir haben dafür gestimmt, auch, um eine Umsetzung schnellstmöglich zu erreichen.“ Man könne nun die Verzögerung nutzen, um vielleicht noch einige Details wie die Begrünung der Baukonstruktion neu zu besprechen. „Aber das ist natürlich bei einem solchen Projekt, an dem mit der Verwaltung, der Bahn und Straßen NRW drei Akteure beteiligt sind, schwer.“

„Eher pessimistisch“ schätzt Michael Bertholdt von der FDP die Chancen auf eine baldige Fortsetzung der Arbeiten ein. Er hält es für wahrscheinlich, dass in den nächsten fünf Jahren am Osterather Bahnhof nicht gebaut werden kann. „Die Strecke dient vor allem dem Güterverkehr, die Personenzüge sind eher Zugabe, das erschwert die Aussetzung des Verkehrs.“ Dennoch könnte sich in Ostherath, anders als von Bürgermeister Christian Bommers verkündet, noch viel tun, auch ohne dass die Bauarbeiten am Bahnhof fortgesetzt werden. „Die neuen Baugebiete wie an der Kalverdonk könnten bei Bedarf auch bei einem von der Bahntrasse geteilten Ort umgesetzt werden“, so Bertholdt.

Auch der FDP-Politiker findet, dass es für Osterath bessere Konzepte als das aktuell geplante gegeben hätte. Das in der nun frei gewordenen Zeit noch einmal am Beschlossenen gerüttelt wird, glaubt er aber nicht. „Eine Planung, an der 30 Jahre lang gearbeitet wurde, wirft man nicht um“, so der FDP-Politiker.

Die Bahn indessen entschuldigt sich ausdrücklich, dass diese Umsetzung vorerst auf Eis liegt. Das Verkehrsunternehmen betont, dass die mehrwöchige Streckensperrung für den Zugverkehr aufgrund der vielen geplanten Bahnbaustellen in NRW nicht früher möglich sein werde. „Der Bahnhof Meerbusch-Osterrath liegt auf einer viel befahren Strecke, die täglich von aktuell rund 200 Zügen befahren wird. Meerbusch hat große Bedeutung insbesondere für den internationalen Güterverkehr. Diese Verkehre müssen bei einer Genehmigung von Sperrpausen umgeleitet werden, da sie aufgrund ihrer versorgungsrelevanten Bedeutung nicht ausfallen können.“ Die Bahn suche weiterhin mit Hochdruck nach Lösungsmöglichkeiten, den Bau fortzusetzen, teilt das Unternehmen auf Anfrage mit.

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