Brauchtum in Meerbusch Schützen streiten über Vogelschuss

Lank-Latum. · Der Vorstand der St. Sebastianus Bruderschaft will am 19. September einladen. Der Geschäftsführer und beide Königsanwärter sind zurückgetreten.

 Unser Archivbild zeigt den traditionellen Barrikadenkampf beim Lanker Schützenfest, das alle zwei Jahre im Juni stattfindet.

Unser Archivbild zeigt den traditionellen Barrikadenkampf beim Lanker Schützenfest, das alle zwei Jahre im Juni stattfindet.

Foto: Endermann, Andreas (end)

„Die Corona-Pandemie stellt uns vor große Herausforderungen“, erklärt Jürgen Santen, erster Brudermeister der St. Sebastianus Schützenbruderschaft von 1475 Lank-Latum. Wie soll es weitergehen mit dem Schützenwesen, Vogelschuss und Schützenfest? Alle im Sommer geplanten Brauchtumsfeste in Meerbusch wurden abgesagt. „Doch wir wollen nicht in einen Schlummerschlaf verfallen, dessen Ende nicht abzusehen ist“, sagt Santen. Die jetzt im Vorstand getroffene Entscheidung, ein „abgespecktes Vogelschießen“ am 19. September zu veranstalten, stößt allerdings nicht überall auf Gegenliebe.

Eine gewisse Unruhe habe sich im Dorf breit gemacht, räumt Santen ein. Selbst in den anderen Stadtteilen wurde über den geplanten Vogelschuss der Lanker diskutiert. Santen führt das vornehmlich auf fehlende Kommunikation zurück, die in Corona-Zeiten viel schwieriger als durch persönliche Gespräche zu bewerkstelligen sei. Allerdings ist im Zuge der Unstimmigkeiten bereits der erste Geschäftsführer der St. Sebastianus Bruderschaft, Rainer Hütten, zurückgetreten. Sein Name wurde kurzfristig von der Homepage gelöscht. Auch die ursprünglichen Königsanwärter stehen nicht mehr zur Verfügung. Das ist ein Dilemma. Wer soll den Vogel nun abschießen?

Da die ursprünglich gemeldeten Kandidaten, die beide der Kompanie der Grünen Husaren angehören, ihre Bereitschaft zurückgezogen haben, fehlt nun ein Anwärter, der die Königswürde in schwierigen Zeiten übernehmen will. Der erste  Brudermeister ist enttäuscht, dass die ursprünglichen Anwärter auch die angebotene Alternative, den Vogel erst beim Maifest 2021 abzuschießen, abgelehnt hätten. Offiziell wird deren Rückzug damit begründet, dass die Anwärter nicht das Risiko einer flächendeckenden Ansteckung tragen möchten.

 Jürgen Santen will trotz der Corona-Pandemie ein Schützefest feiern.

Jürgen Santen will trotz der Corona-Pandemie ein Schützefest feiern.

Foto: RP/M. Kunze

Wer schießt nun
den Vogel ab?

Inoffiziell ist zu hören, dass der Grund wohl eher gewesen sei, dass jedes Königshaus ein komplettes Fest feiern wolle, was derzeit für nächstes Jahr nicht garantiert sei. Auf ein abgespecktes Fest sei niemand scharf. „Wir suchen jetzt jemanden, der den Mumm hat, auf den Vogel zu schießen, ohne zu wissen, wie sich Pandemie und Schützenfest entwickeln“, sagt Santen. Biis morgen (Fronleichnam) können sich Kandidaten, die bereit sind trotz der Beschränkungen die Königswürde zu übernehmen, schriftlich um die Königswürde bewerben. Die Anwärter um die Prinzenwürde sollen sich bis zum 30. Juni namentlich vorstellen.

Allerdings ist noch nicht klar, unter welchen Voraussetzungen dieses Vogelschießen steigen kann. Das hänge von der Genehmigungslage ab, so Santen. Bis 31. August dürfen keine Großveranstaltungen stattfinden. Auch danach soll es keine große Zeltveranstaltung geben, sondern ein Open-Air-Event mit ungewohntem Ablauf. „Wir werden das nicht offensiv bewerben und nur die genehmigte Personenzahl auf den Schützenplatz lassen“, sagt der erste Brudermeister und betont: „Doch wir möchten gerne die Schützen wieder zusammenbringen, aber selbstverständlich niemanden gesundheitlich gefährden.“

Deshalb sei die Wunschvorstellung, eine dreitägige Kirmes mit integriertem Schießen stattfinden zu lassen, weniger wahrscheinlich. Der Fokus solle eindeutig auf das Schießen gerichtet werden, so dass möglicherweise auch nur das Schießen übrig bleiben könnte. Endgültig würden Art und Umfang des Schießens erst nach dem 31. August festgelegt werden.

Was sagen andere Meerbuscher Schützenbruderschaften zum Alleingang der Lanker? Martin Sassen vom Heimat- und Schützenbund Osterath erklärt, dass man dazu keine Stellungnahme abgegeben werde. Für Jürgen Wirtz, Geschäftsführer der St. Sebastianus Schützenbruderschaft Büderich von 1567, ist die Information, dass die Lanker Schützen ihr Vogelschießen durchführen wollen, neu. Er sagt: „Vor dem Hintergrund schon zahlreicher Absagen von Weihnachtsmärkten und auch Karnevalsveranstaltungen im kommenden Jahr sind die Überlegungen unserer Lanker Schützenfreunde sicherlich überraschend. Andererseits gehen wir davon aus, dass der dortige Vorstand ein Konzept mit Sicherheits- und Hygieneregelungen vorlegen wird. Ob es dann behördlicherseits genehmigt wird, bleibt abzuwarten. Insgesamt ist der Wunsch, das Vogelschießen durchzuführen, für Freunde des Schützenbrauchtums natürlich nachvollziehbar.“ Auch die Schützenbruderschaft St. Pankratius Ossum-Bösinghoven hatte überlegt, den Vogelschuss von Mai auf September zu verschieben. Dann aber entschloss sich der Vorstand: In diesem Jahr fällt alles aus.

Zur Entscheidung der Lank-Latumer Sebastianus-Schützenbruderschaft äußerte sich der Geschäftsführer auf Nachfrage nicht.

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