Mobilität in Meerbusch Biker drücken nochmal Erste-Hilfe-Schulbank

Meerbusch · Darf man einem verunglückten Motorradfahrer den Helm abziehen? Dieser und anderen Fragen rund um das richtige Verhalten nach Unfällen gingen 20 Biker in einem DRK-Kursus nach. Die Auffrischung des Wissens passiert eher selten.

 Der Büdericher Fred Bovensiepen übt die Herzdruckmassage unter Anleitung von Stefan Nürnberg, Erste-Hilfe-Ausbilder beim DRK-Kreisverband.

Der Büdericher Fred Bovensiepen übt die Herzdruckmassage unter Anleitung von Stefan Nürnberg, Erste-Hilfe-Ausbilder beim DRK-Kreisverband.

Foto: Christoph Baumeister

25 547 – so hoch ist die Zahl der Motorradfahrer, die nach Angaben des Statistischen Bundesamts im vergangenen Jahr auf Deutschlands Straßen verunglückt sind. Etwa ein Drittel davon wurde schwer verletzt, für 499 endete der Unfall gar tödlich. Wenn es kracht, können die Kenntnisse von Ersthelfern über Leben und Tod von Bikern entscheiden. Bei vielen liegt der letzte Erste-Hilfe-Kursus jedoch etliche Jahre zurück. Deshalb entschloss sich der Motorradverein „Urban Bulldogs Against Kids Abuse“ (UBAKA) Rheinland, dessen Mitglieder sich gegen Kindesmissbrauch einsetzen, jetzt zu einer Auffrischung. Der Büdericher Fred Bovensiepen alias „Fitti“ vereinbarte aus diesem Grund mit dem Ortsverein Meerbusch des Deutschen Roten Kreuz‘ (DRK) einen Termin. „Es ist selten, dass Motorradfahrer Ambitionen haben, sich nachbilden zu lassen. Deshalb war ich begeistert, dass die UBAKA auf uns zugekommen sind“, berichtet Stefan Nürnberg, selbst Biker und beim DRK-Kreisverband Grevenbroich Erste-Hilfe-Ausbilder.

Nach erfolgreicher Abstimmung mit den Behörden, ob das Seminar trotz Corona stattfinden könne, konnte der 34-Jährige am Tag des 100. Geburtstags des Deutschen Roten Kreuz mehr als 20 Biker um sich versammeln. Nach einem einstündigen Theoriepart an den DRK-Räumen in Büderich ging es für die Gruppe in den praktischen Teil über. An drei verschiedenen Haltepunkten in Lank-Latum, Strümp und Osterath zeigte Nürnberg auf, was in einem Notfall zu beachten ist.

Dabei klärte der Erste-Hilfe-Ausbilder über den immer noch weit verbreiteten Mythos auf, dass man einem verunglückten Motorradfahrer den Helm nicht abnehmen solle. Genau das Gegenteil ist richtig, denn bewusstlose Unfallopfer schweben in akuter Lebensgefahr, da die erschlaffte Zunge die Atemwege blockieren kann.Um diese freizumachen, müsse der Kopf sanft nach hinten gebeugt und der Mund geöffnet werden, was mit Helm nicht möglich sei, so Nürnberg. Bei Abnehmen des Kopfschutzes müsse jedoch äußerst vorsichtig vorgegangen werden, sagte Nürnberg und demonstrierte den Prozess vor den interessierten Augen der Biker corona-konform an seiner Ehefrau. Im Anschluss sollte der Kopf des Motorradfahrers vorsichtig auf dem Boden abgelegt und die Atmung überprüft werden.

„Wenn ein Unfallfahrer bewusstlos ist, aber selbstständig atmet, sollte er an einer sicheren Stelle in die stabile Seitenlage gebracht werden“, empfahl Nürnberg. Diese Position habe den Vorteil, dass Blut und Erbrochenes abfließen können und die Atemwege frei bleiben. Setzt die Atmung hingegen komplett aus, besteht die Gefahr eines Kreislaufstillstandes. Deshalb muss schnellstmöglich gehandelt und unverzüglich die Herz-Lungen-Wiederbelebung eingeleitet werden. „Beatmung und Herzdruckmassage müssen im steten Wechsel erfolgen: Erst 30-mal drücken, dann zweimal beatmen“, erklärte Stefan Nürnberg und ergänzte: „Falls vorhanden, ist die Zuhilfenahme eines Defibrillators auf jeden Fall sinnvoll. Er ersetzt die Herzdruckmassage und Beatmung jedoch nicht.“

Doch nicht bei jedem Motorradunfall geht es glücklicherweise um Leben um Tod. Da es – anders als beim Pkw – keine Knautschzone gibt, sind vor allem offene Wunden keine Seltenheit. Obwohl für Biker kein Erste-Hilfe-Set vorgeschrieben ist, riet Nürnberg dazu, bei jeder Fahrt Dinge wie Wundauflagen, Pflaster, ein Dreieckstuch und Verbandszeug dabei zu haben. Ebenso eigne sich das Einpacken einer Rettungsdecke. „Sie nimmt kaum Platz weg und kann das Warndreieck ersetzen. So kann ich andere Verkehrsteilnehmer trotzdem auf mich aufmerksam machen“, sagt Nürnberg.

Für die Mitglieder des Motorradverein UBAKA Rheinland hat sich die Teilnahme am DRK-Kurs allemal gelohnt. „Wir haben viel Neues gelernt, aber auch altes Wissen noch einmal aufgefrischt. Jetzt können wir mit einem deutlich besseren Gefühl in die Motorradsaison starten“, so „Fitti“.

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