Meerbusch Naturschutz in Zeiten des Klimawandels

Damit an der Altrheinschlinge der Lebensraum seltener Tiere und Pflanzen erhalten bleibt, arbeiten die Biologische Station und Ehrenamtliche mit Engagement. Doch die trockenen Sommer hinterlassen auch im Feuchtgebiet ihre Spuren.

 Im Naturschutzgebiet Ilvericher Altrheinschlinge überprüft Michael Stevens, Leiter der Biologischen Station, wie sich die Pflanzenwelt in diesem außergewöhnlichen Feuchtgebiet entwickelt.

Im Naturschutzgebiet Ilvericher Altrheinschlinge überprüft Michael Stevens, Leiter der Biologischen Station, wie sich die Pflanzenwelt in diesem außergewöhnlichen Feuchtgebiet entwickelt.

Foto: Hans-Juergen Bauer (hjba)

Wenn Michael Stevens sein Auto auf dem kleinen Wanderparkplatz in Strümp abstellt, dann holt er aus dem Kofferraum erst einmal die hohen Gummistiefel raus. Das Naturschutzgebiet Ilvericher Altrheinschlinge ist abseits der Wege sumpfiges Gelände. „Das Grundwasser aus der Umgebung zieht flächig zum Rhein hin“, erklärt der Leiter der Biologischen Station im Rhein-Kreis-Neuss den nassen Untergrund. Vor etwa 7000 Jahren floss hier ein Nebenarm des Rheins in einer Schleife. Als er später verlandete, blieb im alten Flussbett das Feuchtgebiet zurück. „In dieser Vollständigkeit ist das einmalig am Niederrhein“, sagt Stevens. Von seinem Namen „Die Meer“ stammt auch der Name der Stadt Meerbusch. Vom Flugzeug aus, erzählt Stevens, könne man auch offene Wasserflächen mit Schilf in dem Gebiet sehen. Während große Teile des südlichen Areals in Privatbesitz sind, befindet sich das nördliche Gebiet in städtischer Hand.

Vom Wanderparkplatz aus führt links ein Weg, der Teil des Jakobweges ist und durch einen kleinen Bruchwald führt. Rechts von ihm fließt die Strempe. An diesem Tag sieht sie aus wie eine längliche Pfütze auf einer dicken Laubschicht. Die langen Phasen der Trockenheit machen sich auch in der Ilvericher Altrheinschlinge bemerkbar. Führt vielleicht eines fernen Tages der Klimawandel dazu, dass die Meer trockengelegt wird? „Das ist schwierig zu prognostizieren“, sagt Stevens. Unklar sei beispielsweise, ob der Damm eine Stauwirkung für das Grundwasser hat.

So wie sich die Natur immer wieder wandelt, kann man auch im Bruchwald Spuren der Veränderungen der letzten Zeit sehen. Typisch für den Wald sind Erlen und Eschen. „Sie können den ganzen Tag mit den Wurzeln im Wasser stehen“, erklärt Stevens. Auf dem ersten Teilstück sind im Bruchwald links des Weges als typische Pflanzen viele Seggen zu sehen, deren lange schmale Blätter scharfe Kanten haben, an denen man sich leicht schneiden kann. Daneben finden sich hier und da Brombeeren. Geht man ein Stück weiter, ändert sich das Bild. Dort haben sich die Brombeeren über weite Flächen ausgebreitet. „Ihre Dominanz ist kein gutes Zeichen“, sagt Stevens. Es zeigt an, dass der Boden trockener geworden ist. Gleichzeitig führen die immergrünen rankenden Pflanzen dazu, dass das Buschwindröschen und andere Frühlingsblüher keine Chance zum Wachsen mehr haben.

Um das Gleichgewicht wiederherzustellen, hat die Biologische Station Knüppeldämme gebaut. Dabei wird mit Ästen und Abschnitten von kleinen Stämmen das Wasser von einigen Abzugsgräben, die das Gebiet durchlaufen, gestaut. „Es ist eben die Frage, ob man ein Gutachten anfordern soll. Man kann auch hingehen, kleine Maßnahmen machen und gucken, was passiert“, sagt er.

Die Ilvericher Altrheinschlinge zählt zu den bedeutendsten Naturschutzgebieten am Niederrhein, weil hier seltene Tiere leben. So der Steinkautz, der zwar eine gefährdete Art ist, aber hier verbreitet ist. „Er jagt zu Fuß, frisst Regenwürmer und Käfer. Auch eine Maus, wenn sie gerade vorbeiläuft, aber sie zählt nicht zur Hauptbeute“, erzählt Stevens. Die kurzgefressene ehemalige Gänsewiese nahe des Parkplatzes ist für ihn ein guter Jagdgrund.

Ebenfalls gut vertreten im Feuchtgebiet ist die Wasserralle mit sechs Brutpaaren, ein typischer Schilfbewohner. „Der Ruf des Vogels klingt wie ein quiekendes Schwein“, sagt Stevens. Und schließlich setzt sich die Biologische Station auch für den Fortbestand des Wiesenknopf-Ameisenbläulings ein. Der Schmetterling ist eine ursprüngliche Auenart und nistet im großen Wiesenknopf. Weil dieser zurzeit im Feuchtgebiet fehlt, hatten die Mitarbeiter junge Pflanzen gesetzt. Leider ein gefundenes Fressen für die Kaninchen. Nächstes Mal werden die Pflänzchen eingezäunt, so dass der Wiesenknopf wieder sprießen kann. „Er war früher auf dem Deich sehr präsent.“ Zwar ist es im Winter in der Altrheinschlinge vergleichsweise still. Doch von Zeit zu Zeit meldet sich ein Vogel. „Da ist ein Grünspecht“, kommentiert Stevens den lachenden Ruf. Früher zog der Vogel im Winter in den Süden, nun halten ihn die warmen Winter hier.

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