Engagement in Meerbusch Hilfe für Straßenkinder in Manila

Büderich · Das Ehepaar Zaumseil aus Büderich bekämpft seit zehn Jahren die Not in den Slums von Manila und sammelt Spenden. Rund 1500 Kinder mitsamt ihrer Familien werden unterstützt.

 Astrid Zaumseil und zwei philippinische Kinder machen ein Erinnerungsselfie.

Astrid Zaumseil und zwei philippinische Kinder machen ein Erinnerungsselfie.

Foto: Zaumseil

Slumkinder, die unter schlimmsten hygienischen Bedingungen aufwachsen. Straßenkinder, die hilflos durch die Armenviertel von Manila irren. Kinder, die auf riesigen Müllhalden hausen und Abfälle sammeln, um zu überleben. Als Jochen Zaumseil dieses ganze Elend mit eigenen Augen sah, war er tief erschüttert. „Ich hatte bei meinen Reisen durch Asien in vielen Ländern schlimme Zustände wahrgenommen“, sagt er. „Aber nie waren sie so schockierend und heftig wie hier.“

Eine französische Freundin hatte dem Büdericher Ehepaar Astrid und Jochen Zaumseil von den Slums im 22-Millionen-Moloch Manila berichtet. Und von dem segensreich wirkenden Verein ANAK-Tnk, der sich seit 1998 mit der Tulay-Ng Kabataan-Stiftung darum bemüht, das Schicksal dieser Kinder erträglicher zu machen. Sie bekommen ein Dach über dem Kopf, werden zur Schule geschickt und so gut wie möglich gefördert. Eine Woche später reiste der Top-Manager wieder einmal nach Asien. Er machte auf den Philippinen Station, lernte den Verein und den französischen Priester Père Matthieu kennen, der ihn mitnahm in die Slums.

 Die Spenden kommen Straßenkindern und ihren Familien zugute. Über eine „Vertrauensachse“ gelangt jede Spende zu 100 Prozent ans Ziel.

Die Spenden kommen Straßenkindern und ihren Familien zugute. Über eine „Vertrauensachse“ gelangt jede Spende zu 100 Prozent ans Ziel.

Foto: Zaumseil

„Diese zwei Tage in den Slums haben mein Leben geprägt.“

 Jochen Zaumseil und die Kinder schauen sich die gemeinsamen Fotos auf dem Handy an.

Jochen Zaumseil und die Kinder schauen sich die gemeinsamen Fotos auf dem Handy an.

Foto: Zaumseil

„Diese zwei Tage haben mich geprägt und mein Leben verändert“, sagt Jochen Zaumseil. Er kam wieder, diesmal zusammen mit seiner Frau. Auch sie war erschüttert von den Zuständen, die sie vorfand. Gemeinsam beschlossen sie, den Verein zu unterstützen. „Wir hatten immer nach etwas gesucht, wo wir uns engagieren konnten“, sagen sie. „Da wir lange in Asien gelebt hatten, erschien uns diese Brücke sehr passend.“

 Die Kinder leben umgeben von Müll und spielen auch dort.

Die Kinder leben umgeben von Müll und spielen auch dort.

Foto: Zaumseil

Anfang 2021 hatten sie das Bedürfnis, die französische Organisation auch hierzulande bekannt zu machen und Spenden zu sammeln. Das Ehepaar gründete Anfang des Jahres ANAK-Tnk Deutschland e.V. mit Sitz in Meerbusch. Wegen Corona konnten die Zaumseils ihre regelmäßigen Reisen nach Manila nicht fortsetzen. Doch sobald es geht, wollen sie wieder auf die Philippinen. „Wir haben miterlebt, wie die Kinder heranwachsen, da sind feste Bindungen entstanden“, erzählt Astrid Zaumseil. „Die Not ist groß, aber sie strahlen einen an und sind glücklich, wenn sie einfach mal in den Arm genommen werden. Diese Kinder dürfen ihr Lächeln nicht verlieren.“

 Der Verein setzt sich für den Schulbesuch der Kinder ein.

Der Verein setzt sich für den Schulbesuch der Kinder ein.

Foto: Zaumseil

Dank der Spenden aus Deutschland und Frankreich werden mittlerweile rund 1500 Kinder mitsamt ihren Familien betreut und unterstützt. „Es gibt drei Bereiche“, führt Jochen Zaumseil aus. „Für die Slumkinder muss ein ordentlicher Schulbetrieb aufrecht erhalten werden. Die Straßenkinder werden von Sozialarbeitern in Auffangzentren gebracht, wo man sie mit Nahrung und dem Nötigsten versorgt. Und dann sind da noch die Wohngruppen für Kinder mit Behinderungen und Jugendliche, die dringend finanzielle Mittel brauchen.“

Durch die Pandemie hat sich die Lage zusätzlich verschärft. Häusliche Gewalt, Missbrauch und Armut stiegen an. Die Müllsammler machten nur geringe Beute, weil weniger Menschen unterwegs waren. Dadurch wurde der armselige Kreislauf nur noch verschlimmert. Astrid Zaumseil berichtet von Kindern, die verschmutzte Müllbeutel mit der Zahnbürste schrubben, weil gesäuberte wertvoller sind. „Alle Kinder können wir nicht retten, das wäre vermessen“, sagt sie. „Aber bei nicht wenigen gelingt es. Manche der Slumkinder sind heute sogar Sozialarbeiter.“

Unerschütterlich hält das Ehepaar an seinem Herzensprojekt fest, auch zwei der vier erwachsenen Kinder waren schon in Manila aktiv. Über eine „Vertrauensachse“ gelangt jede Spende zu 100 Prozent ans Ziel, die laufenden Begleitkosten tragen die Zaumseils. Gerade kam bei einem adventlichen Charity-Hauskonzert mit 20 Gästen Geld für ein Jungen-Wohnheim zusammen. Die Stuttgarter Weltklasse-Gitarristin Irina Kircher musizierte aus ihren Alben „Christmas on my mind“ und „Celtic Roses“. Familie Zaumseil lernte sie einst in Venezuela kennen, eine der vielen Stationen des Managers und zeitweise einzigen Deutschen im Vorstand von L’Oréal. Für den französischen Kosmetikkonzern war er außerdem noch in Paris, Österreich, Mexiko, Kanada, Japan und Hongkong im Einsatz. Die emotionale Bindung zu Frankreich, wo Astrid und Jochen Zaumseil studiert haben, ist naturgemäß besonders eng, beide sind Mitglieder im deutsch-französischen Kreis Düsseldorf.

Hohe Ehre: 2014 wurde Jochen Zaumseil der Verdienstorden der französischen Ehrenlegion verliehen. Ende 2020 schied er bei L’Oréal aus, ist seitdem beratend tätig und engagiert sich für Start-up-Unternehmen in Paris. Es gibt viel zu tun. In einer alten Fabrikhalle hoffen 1000 Neugründungen auf Erfolg.

Wer helfen will: ANAK-Tnk Deutschland e.V., Niederlöricker Straße 18 in Büderich, Mail: [email protected], Website: de.anak-tnk.org. (Kredit- und PayPal-Zahlungen sind möglich, auf Wunsch Spendenquittungen).

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