Meerbusch „Hawala-Mitglieder“ stehen vor Gericht

Meerbusch · Die insgesamt sieben Angeklagten sollen 210 Millionen Euro aus kriminiellen Geschäften von Deutschland in die Türkei transferiert haben. Bei einer Razzia war der Mann aus Meerbusch im November 2019 festgenommen worden.

 Ende November beginnt der Prozess vor dem Landgericht.

Ende November beginnt der Prozess vor dem Landgericht.

Foto: dpa/Marcel Kusch

(mape) Es ist ein bundesweit einmaliger Prozess: Ende April beginnt am Landgericht Düsseldorf das Verfahren gegen sieben mutmaßliche Mitglieder der „Hawala-Mafia“. Die türkisch-stämmigen Angeklagten sollen zu einer kriminellen Vereinigung gehören, die riesige Geldmengen nach dem so genannten „Hawala“-System von Deutschland in die Türkei transferiert haben soll. Das Geld soll laut Landeskriminalamt vielfach aus Drogen- oder Rotlichgeschäften sowie aus Steuerbetrugstaten stammen. Als „Kopf“ der Bande hat die Staatsanwaltschaft nun einen 53-jährigen Mann aus Meerbusch angeklagt. Erdinc B. und sechs weitere Angeklagte waren im Rahmen einer Razzia im November 2019 festgenommen worden. Die Sicherheitsbehörden in NRW hatten am Tag der Festnahmen im Morgengrauen zeitgleich mehrere hundert Geschäftsräume und Wohnungen durchsucht, dabei waren mehr als 800 Beamte im Einsatz.

Laut Anklage sollen der Meerbuscher und seine sechs Komplizen gewaltige Summen Bargeld in ihren Geschäftsräumen angenommen haben. Ohne jegliche Dokumentation und Kenntnis der Finanzaufsichtsbehörde Bafin wurde das Geld anschließend im Nahen Osten, vor allem der Türkei, wieder ausgezahlt. „Dieses Hawala-System beschreibt einen Geldtransfer auf Vertrauensbasis“, so der zuständige Staatsanwalt Stefan Willkomm, „es wird in Deutschland vielfach in türkischen Juweliergeschäften übergeben. Ohne, dass das Geld wirklich in die Türkei gebracht wird, kann es dort kurze Zeit später in einem anderen beteiligten Geschäft des Systems wieder abgeholt werden.“ So erlangen die Behörden von dem Geldfluss keinerlei Kenntnis. Die Ermittler gehen davon aus, dass es in mehr als 2500 Fällen zu entsprechenden Geldtransfers gekommen ist. Gut 210 Millionen Euro sollen auf diese Weise aus Deutschland in die Türkei geflossen sein. Unter anderem sollen kriminelle Clans in NRW dieses Modell genutzt haben. Laut Ermittlungen stammte das Geld vielfach aus dem Rotlichtmillieu, aus Einnahmen durch illegales Glücksspiel, Drogengeschäften oder Steuerbetrügereien in Shisha-Bars.

Bei der Razzia 2019 wurden in Meerbusch, Düsseldorf, Duisburg und Bottrop Bargeld und Gold im Wert von 22 Millionen Euro sichergestellt. Das nun anstehende Verfahren könnte sich zum Mammutprozess entwickeln. Das Landgericht hat 17 Verhandlungstage angesetzt, das Urteil soll frühestens im Juli verkündet werden.

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