Rosenmontagszug in Niers Wagenbauer gehen auf die Zielgerade

Nierst. · Etliche Arbeitsstunden sind notwendig, bevor die sich die Jecken an den farbenfrohen Wagen erfreuen können.

 Hermann-Josef, genannt Hermi, Schrills schminkt die Figur von Angelika Mielke-Westerlage.

Hermann-Josef, genannt Hermi, Schrills schminkt die Figur von Angelika Mielke-Westerlage.

Foto: Hans-Juergen Bauer (hjba)

Nebel wabert über die Felder in Meerbusch. Usselig ist das Wetter am Samstag. Ein Tag, um es sich drinnen gemütlich zu machen. Doch nicht so in Nierst. In Schuppen und Scheunen wird gewerkelt, denn es sind nur noch gut vier Wochen bis zum Rosenmontag. Im Nierster Brauchtumskalender ist das der Höhepunkt des Jahres.

Die Karnevalsgesellschaft Kött on Kleen zieht mit mehreren Mottowagen, Fußgruppen, dem Pajas und den Tollitäten durch das Dorf, um Bratwürste für das abendliche Schmausen einzusammeln – und viel Spaß zu haben. Das Motto lautet: „Meerbusch jöff et 50 Johr, nur Neesch, dat wohr schon emmer do“. Eine der Scheunen, in denen die zwölf Mottowagen gebaut werden, ist der Woltershof ganz am Ende des Dorfes Richtung Langst-Kierst. Hier empfängt Labrador Hunter die Besucher mit freudigem Gebell. Vorbei an etlichen Kisten Bier geht es zur großen Halle, in der die Männer arbeiten.

Denn: „Nur Männer dürfen Mitglied bei Kött on Kleen werden und einen Mottowagen bauen. Sie müssen mindestens 16 Jahre alt sein und in Nierst wohnen“, erklärt der Pressesprecher des Vereins, Daniel Pennart. So streng waren 1905 die Regeln, an denen eisern festgehalten wird. Nur Junggeselle muss man heutzutage nicht mehr sein. Die Gruppe Wolters, die aus ehemaligen Fußballfreunden besteht, ist schon fast fertig. Rechts vom Eingang ist das Büdericher Rathaus auf einen landwirtschaftlichen Anhänger montiert. Hermann-Josef „Hermi“ Schrills legt letzte Hand bei den Malerarbeiten an, während Udo Wolters mit seiner Bohrmaschine Löcher in den Korpus bohrt.

Wolters stammt aus einer Karnevalsdynastie, Vater und Brüder waren bereits Karnevalsprinz in der Freien Herrlichkeit. Links im Hintergrund steht Bürgermeisterin Angelika Mielke-Westerlage im roten Kostüm und lacht. Ihr fehlt etwas Entscheidendes: unterhalb der Gürtellinie gähnt Leere. Eine Frau ohne Unterleib? Das gibt es doch sonst nur bei Zauberern! „Sie lehnt oben auf dem Balkon des Rathauses“, erklärt Wolters. „Da konnten wir uns diesen Teil sparen.“ Er muss es wissen, denn es handelt sich um den 35. Wagen, den er mit seinen Freunden baut. Schrills hat sogar schon bei mehr als 50 Wagen mitgewirkt.

 Udo Wolters baut das Büdericher Rathaus nach.

Udo Wolters baut das Büdericher Rathaus nach.

Foto: Hans-Juergen Bauer (hjba)

Noch nicht fertig ist die Doppelfigur, die später Prinz und Minister darstellen soll. Die Köpfe sind schon montiert. Doch was ist das? Der Minister sieht ja aus wie ein Kasperle! Hat er wirklich solch eine große Nase? „Nein, die Figur bekommt noch einen anderen Kopf“, beruhigt Wolters. Der stecke nur provisorisch drauf und stamme noch aus einem anderen Jahr. Nur gut, dass die Gruppe nicht den Löwenkopf genommen hat, der auch noch im Regal lagert.

Die Köpfe werden aus einem Styroporblock modelliert, während die Struktur für Körper und Gebäude aus Hartfaserplatten besteht. Der Minister ist schon gut zu erkennen. Allerdings hat er als Frack bisher nur eine Kleidung aus Pappmaché an, die aus Tageszeitungen und Leim geschneidert wurde. Ein wichtiges Detail fehlt auch noch: die Geburtstagstorte, die der Prinz der Bürgermeisterin zum 50-Jährigen der Stadt überreichen soll. Der Entwurf stammt von Franz-Josef Kleutges, der fürs Kreative zuständig ist. „Dreimal haben wir in den vergangenen Jahren den ersten Platz bei der Prämierung der Wagen gemacht“, informiert Wolters nicht ohne Stolz.

Jeder aus der Gruppe weiß, was er zu tun hat und wo seine Stärken liegen. So brauchen die Männer nicht viel Worte, um sich abzustimmen. Bernd Kessels, der 1986 als Pajas seine Feuertaufe im Nierster Karneval bestand, ist als Lagermeister auch für die Sicherheit zuständig. „Ungefähr zehn Tage vor Rosenmontag kommt der TÜV, um sowohl Karnevalswagen wie auch das Bühnenbild im Festzelt abzunehmen“, erklärt er.

Er hält das für sinnvoll, denn die Aufbauten auf den Hängern müssen Wind und Sturm trotzen. Besonders das Rathaus müsse gut auf dem Untergrund verschraubt sein. „Wir möchten auf keinen Fall, dass ein Kind beim Bonbonsammeln unter die Räder kommt“, ergänzt er. Zum Glück sei in Nierst noch nichts Schlimmes passiert.

Der Wagenbau stärkt den Zusammenhalt im Dorf

Das Baumaterial kauft die Gruppe selbst. Dazu kommen Getränke, Wurfmaterial und Kostüme, die von jeder Gruppe finanziert werden. Ein Lautsprecher wurde unter das Rathaus montiert, um Zuschauer und Mitfahrende zum Schunkeln zu animieren. „Ich freue mich, wenn alle am Rosenmontag viel Spaß haben und wir mit unseren Aktivitäten das rheinische Brauchtum erhalten“, sagt Günter Wolters, stellvertretender Vorsitzender von Kött on Kleen, der inzwischen zu der Gruppe hinzugestoßen ist. Außerdem werde der Gruppenzusammenhalt im Dorf gestärkt. Und das nicht nur im Winter, denn man trifft sich auch an Geburtstagen und Grillfesten. Doch nun steht erst einmal die närrische Session bevor, die der rund 140 Mitglieder zählende Verein organisiert.

Dabei dürfen die Frauen übrigens mitfeiern! Besonders natürlich bei der Altweiberparty, die traditionell zu Altweiber im Festzelt vor der Alten Schule stattfindet.

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