Lank: Kleinkunst - Die Seele kommt nicht mit

Von Wagner gestaltet „3 Sekunden Gegenwart“.

Lank. Da hat sich das Abo gleich wieder gelohnt: Claus von Wagner, im September frisch importiert von den Brettern der Münchner Lach- und Schießgesellschaft, stellt im Forum Wasserturm sein Programm "3 Sekunden Gegenwart" vor, ein Stück Leben in Tragik-Komik.

Der Plot: Es ist der Abend vor der eigenen Gerichtsverhandlung. Wagners Alter Ego Joachim erleidet den Zeitgeist der Kindheit im sesamstraßenfreien Oberbayern neu. Doch auch die Gegenwart macht ihn nicht glücklich.

Mit klassischem Musikverstand und kafkaeskem Humor wiegt der ehemalige Radiomann die Epoche der Scheidungstermine und Elektrogeräte, die einen Tag nach Garantieverfall verrecken, und befindet sie für deutlich zu leicht. Mehr als lichtschnell sei das Leben, wie er selbst nach zu viel Espresso sagt, so dass die Seele des Einzelnen mit Seitenstechen bereits stehen bleibe.

Die Antworten des 77er-Jahrgangs sind einfach-genial - wohl deswegen, da er für alles und jeden Verständnis hat: für die Kritiker, war er doch selbst feuilletonistisch unterwegs; fürs Handyklingeln im Saal, weil er frohlockt, die Töne aller Fabrikate zu erkennen; für den Absturz von Politik, weil die den hektisch umtriebigen Wähler nicht mehr erreicht, der schlicht keine Zeit zum Wählen und außer zwischen Handy- und Stromtarifen so auch sonst keine große Wahl mehr hat.

Claus von Wagner ist keinesfalls langweilig, nur weil er Sprache weder fäkal noch ohrenbetäubend einsetzt. Der Kabarettist, "früher Sprecher für Geschichtsdokus, heute selbstständig", könnte zur Not ein drittes oder viertes Standbein ausfahren.

Er könnte - aus optischen Gründen - eine Art junger und intelligent textender Roland Kaiser sein, dank gleicher Wortgewalt aber auch Nachfolger eines Vicco von Bülow, alias Loriot. Der hätte dem Modell der modernen Exfrau mit Fluchttrieb auch den Namen Penthesilea verpasst.

Doch das kann gar nicht geschehen, zählt Claus von Wagner sich doch zur Task Force junger Kabarettisten in Gefechtshaltung, die "die Nachwuchsdampfplauderer auf deutschen Bühnen satt haben und ihnen kurzerhand die Spielzeiten wegnehmen".

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