Lank: „Aufwärts!“ zeigt den rasanten Abstieg

Arnulf Ratings scharfer Blick auf die Wirklichkeit kommt in Lank an.

Lank. Das Hungertuch ist bereits aufgegessen, dafür gibt es die Abwrackprämie als Schweigegeld - Arnulf Rating hat Gegenwart und Zukunft als deprimierende Vision auf dem inneren Schirm. Er nennt die äußere Wahrheit derb "Die Kotze aus der Glotze", und seine Zuhörer im Wasserturm nicken, glücklicherweise nur zum Teil gequält.

Der Ü-50er und Mitbegründer der Berliner Anarcho-Kabarett-Truppe Die drei Tornados fährt gleich zu Beginn mit 180 Sachen in sein neues Programm "Aufwärts".

Er reflektiert überfließend die Flachlage dieses Landes, in dem wir leben müssen oder wollen, mit der professionellen Haltung des Politikers: stark beschönigend. Doch alles hat Grenzen. Trotz der Rettungspakete werfen sich die ersten verzweifelten Bürger auf die Gleise und vor Züge, die dank des maroden Zustands der Deutschen Bahn jedoch nicht kommen.

Asoziale Marktwirtschaft, das Unmöglichsein von Krankheit, Menschenversuche wie Schweinegrippe oder die Frage, ob ein weiblicher Kanzler leichter herumzukriegen ist - auch Ratings Kabarett weiß, wo der Schuh drückt. Eine gewisse Zwangsläufigkeit führt zur immer gleichen Bilanz: "Alles wird immer besser, aber nichts wird gut."

Ausgezeichnet mit "zahlreichen Prozessen und Auftrittsverboten", zeichnet das 11. Programm aus, was man praktisch mit nach Hause nehmen kann: kleine feine Merksätze, Denkanregungen oder Schlagworte für den Alltag. Ein Beispiel ist der Musiktipp "Oh Kohle mio" zum Mitsingen im Chor der vier Minijobber, die übers Wochenende aus einer Ganztagsstelle geschlüpft sind. Orthodoxer ist nur das Manifest "Gott würde sich heute auch Arbeit mit nach Hause nehmen, gerade am Wochenende."

Zum Kabarettisten werde man nicht geboren sondern gemacht, sagt der Kabarettist mit den flotten Programm-Plakaten (von Schriftsteller und Comiczeichner Gerhard Seyfried), und kann sich über den "Latte-macchiato-Faktor" im neuerdings très schicken Berlin genauso wegwerfen wie über das Selbstbewusstsein Meerbuscher Damen im Publikum, die ihre Ehen für Arbeitsplätze und auch für krisensicher halten.

Trotz des provozierenden Spiels mit dem Spiegel: Der bissige Beobachter Rating wird bei seiner dritten Meerbusch-Premiere vom Publikum in Lank wieder gefeiert.

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